Atomausstieg kommt Deutschen teuer zu stehen

Atomausstieg kommt Deutschen teuer zu stehen
Der nötige Ausbau der Leitungen für die Windenergie stockt; der Strompreis für die Haushalte steigt stark an; die Industrie klagt über Engpässe und Spannungsschwankungen.

Schöne Fotos am Offshore-Windpark "Alpha Ventus" gab es nicht: Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) musste am Montag ausgerechnet wegen zu viel Wind auf halbem Weg zu den 45 Kilometer vor der Insel Borkum hochgezogenen Windstromrädern umkehren. Das Vorzeigeprojekt deutscher Energie-Industrie und -Politik animierte ihn aber zu zwei überfälligen Aussagen: Er plane eine Umstellung des extrem teuren Fördersystems für erneuerbare Energien. Und die Stromkosten für die Verbraucher werden noch schneller steigen als bisher.

Ihren Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte Kanzlerin Angela Merkel geschasst, weil sie im nicht mehr zutraute, ihr "wichtigstes Projekt nach der Euro-Rettung" vor der Wahl 2013 auf den Weg zu bringen. Nun bemüht sich Röttgens Nachfolger Peter Altmaier (CDU), Versäumtes mit mehr Glaubwürdigkeit und Geschick aufzuholen. Zuerst räumte er ein, die "Energiewende" langsamer zu erreichen, als von der Kanzlerin beim abrupten Atomausstieg im Mai 2011 vorgegeben.

Panik

Atomausstieg kommt Deutschen teuer zu stehen

Nur zwei Wochen vor der Wahl im damals noch CDU-regierten Baden-Württemberg hatte Merkel vor den Dauerbildern vom GAU-gefährdeten AKW Fukushima kapituliert, das die deutschen Medien denen vom Mega-Tsunami vorzogen. Ihr wichtigstes Bundesland verlor Merkel trotzdem an Grün-Rot, der einsame deutsche Atomausstieg ohne Plan aber war nun ausgerufen.

Dank des "Erneuerbaren Energie-Gesetzes" von Rot-Grün aus dem Jahr 2000 und anhaltend milden, windigen Wetters deckt Deutschland heute ein Viertel des Strombedarfs aus Sonne und Wind. Das ist für das größte Industrieland Europas ein Rekord, der Regierung und Opposition zum Festhalten an der Energiewende ermutigt.

Für den raschen weiteren Umstieg auf Erneuerbare Energien fehlt aber mehr als nur die Sonne in der Nacht. Der alternative Strom wird vor allem im Norden mittels Windrädern erzeugt, denn die dezentralen, extrem geförderten Sonnenkollektoren bringen nur drei Prozent des Stroms. Der fehlt nach der AKW-Abschaltung aber vor allem der energieintensiven Industrie im Süden. Die Stromleitungen dazwischen müssen erst gebaut werden.

Das braucht mindestens zehn Jahre. Denn die lokale Bevölkerung läuft dagegen Sturm wie gegen jedes Großprojekt. Auswege wären die Aufrüstung alter Trassen und des Bundesbahn-Stromnetzes. Beides braucht aber viel mehr Zeit und den gezielteren Einsatz der Politik.

Bürgerprotest

Noch größer ist der Mangel an Speicherkapazität für den unregelmäßig anfallenden Strom aus Wind und Sonne: Auch neue Speicher werden von den Bürgern bekämpft. Alternativen wie im weit entfernten Norwegen sind erst im Vorstadium.

Deshalb müssen konventionelle Kraftwerke, meist mit umweltschädlicher Kohle, die Stromlücken in windarmen Zeiten abdecken. Die rechnen sich aber durch Unterauslastung kaum.

Damit gibt es für die Verbraucher ein böses Erwachen: Jede der vielen Zwangsinvestitionen muss vom Strompreis subventioniert werden. Der hat sich seit 2000 verdoppelt und soll weiter steigen. 2014 wird eine vierköpfige Familie laut CDU-Experten 400 Euro Zuschlag pro Jahr für die Erneuerbare Energie zahlen. Der Abschied vom Atom kostet die Bürger mehr als erwartet – und mehr als die Ärmsten zahlen können. Auch für die soll es nun Strom-Subventionen geben.

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