Verleger pochen weiter auf das Leistungschutzrecht

APA10226708-2 - 14112012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - "Kurier"-Geschäftsführer Thomas Kralinger am Mittwoch, 28. September 2011, während einer Diskussion im Rahmen der Österreichischen Medientage in Wien. Kralinger wurde heute zum neuen Präsidenten des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) bestellt. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
VÖZ-Generalversammlung - Zeitungen verlangen von der Politik bessere Rahmenbedingungen

Die Österreichischen Zeitungsverleger verlangen Zugeständnisse von der Politik. Der Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), Thomas Kralinger, warnte am Donnerstag etwa davor, den Kartellstreit der EU mit Google rasch beizulegen. Diese Einigung ohne substanzielle Zugeständnisse des US-amerikanischen Suchmaschinen-Riesen würde Googles Marktdominanz in Europa weiter zementieren. Ebenfalls kritisierte der VÖZ-Präsident den „halbherzigen“ Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz. „Dieses Gesetz kann sein Versprechen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen, nicht erfüllen.“ Die zusätzlich geplante Geheimschutzordnung des Nationalrates wurde zwar entschärft, doch sie trage noch immer „zu mehr Geheimniskrämerei und weniger Transparenz“ bei.

Bessere Rahmenbedingungen

Kralinger zeigte sich bei seiner Ansprache vor der VÖZ-Generalversammlung optimistisch, dass die Politik für Medien auf dem Pfad der Digitalisierung bessere Rahmenbedingungen schaffen werde. Denn er ist „zuversichtlich“, dass die Bundesregierung in den kommenden Monaten einen Vorschlag für ein funktionierendes Leistungsschutzrecht für Presseverlage auf den Weg bringen werde. „Die Zeit ist reif für den Schutz redaktioneller Inhalte in Österreich. Denn die US-Riesen sind sich ihres disruptiven Geschäftsmodells nur allzu sicher. Ein amerikanischer Suchmaschinen-Riese verdient mit der Suche nach aufwendig erstellten journalistischen Inhalten gutes Geld, ohne nachhaltig Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen oder die heimischen Content-Produzenten an diesen Einnahmen zu beteiligen. Die Politik kann dieser Trittbrettfahrermentalität, die österreichische Tageszeitungen und Magazine in Ihrem Bestand gefährdet, nicht mehr länger tatenlos zusehen.“

Europäischer Zug

Österreich würde mit einem Leistungsschutzrecht auf einen europäischen Zug aufspringen, der bereits in einigen Staaten Fahrt aufgenommen hat. „Zahlreichen Ländern ist der Status quo ein Dorn im Auge“, betonte Kralinger mit dem Blick auf Spanien, das eine sehr vielversprechende Urheberrechtsreform plane und auf Deutschland, wo Verleger nun auf dem Gerichtsweg eine Präzisierung der Gesetzeslage anstreben. „Diesen Umweg sollten wir uns ersparen. Das heimische Leistungsschutzrecht soll kein Beschäftigungsprogramm für Anwälte und Gerichte werden, sondern eine rechtssichere Lösung für alle Beteiligten bieten.“

Doch aus dem deutschen Gesetzwerdungsprozess könne man jedenfalls lernen. In Deutschland habe Google seine ganze Marktmacht genutzt und letztlich mit der Kampagne „Verteidige dein Netz“ erreicht, dass nur ein verwaschener Kompromiss den Bundestag passieren konnte. „Das deutsche Leistungsschutzrecht ist uns Vorbild und Warnung zugleich. Wir wollen es besser machen.“

Verbeugung an Steve Jobs

Den ersten Vortragsteil leitete Geoff Tan, zuständig für das strategische Marketing der Singapore Press Holdings, ein. In Jeans und mit schwarzem Rollkragenpulli gab es von ihm nicht nur optisch eine Ehrerbietung an Apple-Vordenker Steve Jobs, auch inhaltlich stand der digitale Wandel im Fokus. „Er ist die einzige Konstante im 21. Jahrhundert“, unterstrich Tan, dessen simple Empfehlung lautete: „Entweder wir verändern uns, oder wir gehen unter.“

Während man den Werbern als Ansprechpartner für alle Plattformen dienen müsse, gelte es gleichzeitig, die Kunden jederzeit abholen zu können: zuhause, am Arbeitsplatz, unterwegs. „Viele Verleger haben Angst, sich selbst zu kannibalisieren. Aber wenn wir es nicht machen, tut es jemand anderer“, meinte Tan in Richtung zaghafter Online-Modelle. Er plädierte für neue, plattformübergreifende Werbe- und Aboformen, die Suche nach neuen Geschäftsmodellen und den Zwang zur Innovation.

Komplexe Gegenwart

Quasi als Gegenentwurf dazu verstand sich im Anschluss „brand eins“-Mitbegründer Wolf Lotter. Der Journalist strich die Komplexität der Gegenwart hervor und meinte, dass die Crowd eben nicht immer Recht habe. „Das scheint aber zur Religion in Zeiten der digitalen Vernetzung des Webs geworden zu sein, eine radikale Weltanschauung.“ Statt den Kunden im Netz selbst die Arbeit machen zu lassen und dafür auch noch kassieren zu wollen, müsste man sich auf die Orientierungsfunktion und Qualität des Journalismus besinnen.

„Es reicht nicht, Qualität zu normieren und für eine ganze Branche zu definieren. Es wird zunehmend darum gehen, individuelle Deals zu finden“, was Lotter als „transzendentale Qualität“ bezeichnete. „Wer Kunden nach dem Mund redet und ihnen immer Recht gibt, bestiehlt sie um die eigentliche Leistung. Die Zukunft gehört dem Selbstbewusstsein in unserer Branche, und nicht der Anbiederung.“

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