TV: "Staatskünstler" als neue Hofnarren

TV: "Staatskünstler" als neue Hofnarren
Anlässlich des Starts von "Wir Staatskünstler" sagt ORF-Unterhaltungschef Lorenz, durch wie viele Zentimeter Fett man durch muss, um Politikern noch wehzutun.

Noch-ORF-Programmchef Wolfgang Lorenz (er geht 2012) über Zensurverdacht und Interventionen in der "Donnerstagnacht".

KURIER: Bei der Premiere der "Staatskünstler" saß Niko Pelinka im Publikum und lachte tapfer, als er durch den Kakao gezogen wurde. Tut politische Satire überhaupt noch weh, wenn Politiker derartig professionell im Umgang damit sind?
Wolfgang Lorenz: Für die gesamte zeitgenössische Kunst gilt: Die, die nichts damit anfangen können, haben sich zum Prinzip der tödlichen Umarmung durchgerungen. Alles wird zu Tode akzeptiert. Und es ist wie bei der Karikatur: Das Problem wäre, nicht vorzukommen. Das wissen die Politiker. Der Deal ist also perfekt, aber auch ein bisschen langweilig geworden. Es ist tatsächlich schwieriger geworden, jemanden zu kitzeln.

Früher gab es öfter Interventionen. Haben die Politiker dazugelernt?
Man hat sich daran gewöhnt, dass man in einer schlampigen Republik lebt und diese Umgänge erträgt. Das ist eher eine Scheintoleranz. Weil einem nichts anderes einfällt. Uns aufzufordern, zur Schere zu greifen - das hätte bei mir gar keinen Sinn. Bis auf einmal, das war bei Klima, hat mich noch nie eine Intervention erreicht.

Was wollte er?
Das war noch bei den Kunststücken. Klima war ja auch Kulturminister. Wir haben gezeigt, wo er überall war im Laufe der Woche. Auf keiner einzigen Kulturveranstaltung. Das hat ihn unglaublich geärgert. Da begann ein Interventionsreigen. Was mich noch sicherer gemacht hat, es zu zeigen. Das hat mir politisch nicht unbedingt genutzt. Aber mir hat eh nie was politisch genutzt.

In der Information hat es sehr wohl Interventionen gegeben.
Mein Bereich ist das Programm. Hier hat die Politik eine gemütliche Scheintoleranz entwickelt. Man muss heute durch zehn Zentimeter Fettschicht durch, um überhaupt ans Kitzeln oder gar Wehtun zu kommen. Das hat sich stark verändert in den vergangenen zehn Jahren. Außerdem würden sich die Politiker bei einem Zensurversuch rasch lächerlich machen. Alles kommt an die Öffentlichkeit.

Als Künstler läuft man aber auch Gefahr, Hofnarr zu werden.
Naja, es heißt ja auch "Staatskünstler".

Dürfen die Künstler eigentlich alles?
Ich habe immer allen Künstlern Freiheit, aber auch Verantwortung gegeben. Das hat sich bewährt. In ganz wenigen Ausnahmen habe ich jemals Einspruch erhoben.

Wo ist Ihre Schmerzgrenze?
Beim Persönlichkeitsschutz von Menschen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen. Das gilt auch für die Politik, da, wo sie nicht öffentlich ist. Zweitens gibt es das Strafgesetz und drittens das Rundfunkgesetz.

Politische Schmerzgrenze haben Sie keine?
Dort, wo es unappetitlich wird. Und eben die persönliche Ebene. Da gibt es Grenzen.

"Staatskünstler" ist am Donnerstag um 23.35 auf ORFeins zu sehen.

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