Wenn der Konzern zerbricht

Josefine Preuß spielt eine kämpferische Verkäuferin beim fiktiven Pleitekonzern Faber
Zugespitzt führt das ZDF im Zweiteiler "Alles muss raus" den Niedergang eines Drogeriekonzerns vor. Mit Robert Atzorn als Patriarch und Josefine Preuß als Verkäuferin.

Zeitweise sieben Milliarden Euro Umsatz, 50.000 Mitarbeiter, ein riesiges Filialnetz im In- und Ausland: Das Drogeriemarkt-Imperium Schlecker, 1975 in Baden-Württemberg von einem Fleischhauer gegründet, galt lange als Erfolgsgeschichte.

Das Ende vor gut zwei Jahren ist bekannt: Insolvenz, Massenentlassungen, Zerschlagung, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. In diesen Wochen, in denen der abgeschottet lebende Ex-Chef Anton Schlecker 70 Jahre alt wird (28. Oktober), nähern sich die deutschen Fernsehsender auf verschiedene Weise dem Thema. Sat.1 erinnerte an die Pleite vor Kurzem mit der Satire "Die Schlikkerfrauen". Das ZDF entschied sich für ein Drama: Der Zweiteiler "Alles muss raus. Eine Familie rechnet ab" beginnt am Montag, Teil zwei folgt am Mittwoch. Beginn ist je 20.15 Uhr.

Überlebenskampf

Es sind der Niedergang und der Überlebenskampf eines Drogerie-Konzerns, die in dem ZDF-Stück pointiert behandelt werden. Patriarch Max Faber verkennt aus Machtwahn die Zeichen der Zeit. Er kämpft zwar, lässt aber neuen Ideen seiner Tochter Kerstin keine Chance. Am anderen Ende der sozialen Skala stemmt sich ebenfalls verzweifelt eine junge Verkäuferin gegen den Abstieg. Sehr prägnant verkörpern Robert Atzorn ("Tatort"), Lisa Martinek ("Hochzeiten") und Josefine Preuß ("Die Pilgerin") diese Figuren unter Regie des renommierten Dror Zahavi ("Mein Leben – Marcel Reich-Ranicki").

Doku im Anschluss

Um 21.45 Uhr folgt im Anschluss an den Film, dessen Drehbuch Kai Hafemeister ("Der Wagner-Clan", "George") schrieb, der Film "Die Schlecker Story – Karriere, Kosmetik und Konkurs" von Gesine Müller und Ron Boese.

Mit "Alles muss raus" habe man keine Schlecker-Dokumentation schaffen wollen, wie Produzent Oliver Berben in Hamburg betonte. "Wir wollen vielmehr exemplarisch zeigen, wohin es führen kann, wenn Unternehmer ihre Verantwortung nicht richtig wahrnehmen. Wir wollen beobachten, ohne immer gleich Schuld zuzuweisen."

Zahavi sah seine Aufgabe darin, das Thema einem breiten Publikum emotional nahezubringen. "So ist die große Zuspitzung zustande gekommen", erklärte der Regisseur, der spürbar von US-Serien inspiriert ist. Auch in guter alter Dieter-Wedel-Manier, bei einem Problem das soziale Oben und Unten parallel und in Kontrasten darzustellen, beschreibt sein Drama Ängste, Kampfgeist und Intrigen bei den reichen Unternehmern (Imogen Kogge als leidende Ehefrau) sowie bei der Berlinerin Janine, die sich eine Zukunft mit ihrem aus dem Gefängnis entlassenen Freund (wunderbarer Proll: Florian Lukas) erhofft. Für beide Seiten bedeutet Armut etwas völlig anderes. Das virtuos gefilmte Geschehen beleuchtet Zahavi in stahlkaltem Licht.

Um ein gesellschaftliches Panorama zu entwerfen, verknüpft der Film Wirtschaft, Finanzwesen, Medien, Politik, Alltag und Privatleben. Allerdings kommt nicht immer dabei mehr heraus, als sich der Normalbürger unter fehlentwickeltem Kapitalismus ohnehin vorstellt.

Jede Pleite ist anders

Bei seinen Recherchen gelernt hat auf jeden Fall der Autor. "Es gibt kein Grundmuster, jede einzelne Firmenpleite ist etwas komplett anderes", sagte Hafemeister der dpa.

Und hier müsse er auch eine Lanze für die oft geschmähten Insolvenzverwalter brechen: "Denen sagt man öffentlich ja nach, dass sie viel zu viel Geld bekommen. Dabei übernehmen sie die große Verantwortung, in kürzester Zeit ein riesiges Unternehmen erst zu durchschauen und dann zu leiten. Sie sind die Einzigen, die es vielleicht retten können", erklärte er. "Das ist eine Tätigkeit, die ich auch anerkennen muss."

Kommentare