Der würdige Entertainer

Der würdige Entertainer
Der Holländer Rudi Carrell war eines der prägendsten Gesichter des deutschsprachigen Fernsehens. Heute hätte der Ausnahme-Entertainer seinen 80er gefeiert.

Das wäre Ihr Preis gewesen", "Lass Dich überraschen", "Und hier ist ihr Herzblatt" - Sätze wie diese, mit seinem typischen holländischen Akzent gesprochen, haben Rudi Carrell zur unvergessenen Größe der deutschsprachigen Fernsehgeschichte gemacht. Heute wäre der Entertainer, der vor acht Jahren starb, 80 Jahre alt geworden.

"Keiner ist so publikumsnah wie ich", behauptete der Niederländer gern. Jahrzehntelang konnte er dies mit hohen Einschaltquoten belegen – egal, ob bei Spielshows wie "Am laufenden Band" oder "Die verflixte 7", bei Satire- und Comedy-Sendungen wie "Rudis Tagesshow" und "7 Tage, 7 Köpfe", einem Flirtformat wie "Herzblatt" oder der Überraschungs- und Talent-Sendung "Rudi Carrell Show". Viele seiner Kandidaten waren von seiner locker-lustigen Kumpel-Art angetan. Er nahm Laien ihr Lampenfieber, auch wenn er selber welches hatte.

Seltene Irritationen

Der würdige Entertainer
Rudi Carrell während einer Aufzeichnung zu seiner "Tagesshow" in den Bremer Fernsehstudios (Archivfoto vom 01.12.1985). Am 19.12.2004 feiert der Entertainer mit dem bürgerlichen Namen Rudolf Wijbrand Kesselaar seinen 70. Geburtstag. Bereits 1965 kam Carrell zum deutschen Fernsehen und feierte große Erfolge mit seiner Live-Samstagabend-Show "Am laufenden Band". In den letzten Jahren stand der passionierte Golfspieler für die RTL-Sendung "Sieben Tage - Sieben Köpfe" vor der Kamera. Vor zwei Jahren zog er sich aus dem aktiven Geschäft zurück und zieht nun hinter den Kulissend die Fäden. Für seine beispielhafte Karriere wurden dem Showstar bereits zahlreiche Ehrungen zu teil. Foto: Dieter Klar dpa (zu dpa KORR: Rudi Carrell wird 70: Beliebter Entertainer hinter den Kulissen aktiv" vom 13.12.2004) nur s/w +++###dpa###+++
Nur selten bekam der in Alkmaar geborene Carrell mit seinem meist familientauglichen Humor Probleme. 1987 löste er etwa Irritationen im deutsch-iranischen Verhältnis aus. In der "Tagesshow" hatte er in einerFilm-Montage Anhänger des Ajatollah Khomeini ihrem religiösen Führer Damenunterwäsche zuwerfen lassen. Carrell entschuldigte sich. Ebenso ruderte er öffentlich zurück, nachdem er 2002 einen geschmacklosen Schwulen-Gag in der von Günther Jauch moderierten RTL-"Grips-Show" gemacht hatte. Klaus Wowereit dürfe in keine Moschee, weil Muslime Angst vor ihm hätten. "Der kommt da rein in die Moschee und da liegen 1000 Männer auf den Knien."

Karriere in Deutschland

Nach einer Karriere in seiner Heimat kam Carrell Mitte der 60er Jahre zum deutschen Fernsehen. Am erfolgreichsten war seine mit Radio Bremen gemachte ARD-Live-Samstagabendshow "Am laufenden Band". In den 90ern ging er zu RTL ("Die Post geht ab!", "Rudis Urlaubsshow", "Rudis Hundeshow" und dann natürlich "7 Tage, 7 Köpfe").

Carrell war auch als Sänger populär ("Wann wird's mal wieder richtig Sommer?") und spielte in Filmkomödien mit, etwa in komödiantischen Streifen wie "Wenn die tollen Tanten kommen", "Tante Trude aus Buxtehude" oder "Die tollen Tanten schlagen zu".

Rückzug 2005

Von 1975 an lebte Carrell im kleinen Ort Wachendorf bei Syke in der Nähe von Bremen. Dorthin zog sich der passionierte Hobby-Golfer auch ab 2005, nach dem Bekanntwerden seiner Lungenkrebserkrankung, zurück. Verheiratet war der dreifache Vater übrigens dreimal, zuletzt ab 2001 mit Simone.

Der deutsche Entertainer hatte auch in Östereich eine große Fangemeinde und wurde auch zweimal mit der KURIER-ROMY ausgezeichnet. Das erste Mal erhielt er den Preis 1991 in der Kategorie "Beliebtester Showmaster". 2003 wurde ihm die Platin-ROMY für sein Lebenswerk verliehen.

Seine schwere Erkrankung meisterte Carrell in der Öffentlichkeit mit äußerster Würde. Seinen berührendsten Auftritt hatte der gebürtige Holländer im Februar 2006: Mit brüchiger Stimme und von der Krankheit gezeichnet bekam er die Goldene Kamera für sein Lebenswerk verliehen. Der damals 71-Jährige sagte in der vom ZDF übertragenen Gala: "Heute diese Kamera zu bekommen, ist nochmal ein Höhepunkt." Und: "Es war eine Ehre für mich, in Deutschland Fernsehen machen zu dürfen." Er sprach auch von seinem nahenden Tod. "Ich weiß nicht, ob das mein letzter Auftritt im Fernsehen ist..."

Es sollte sein letzter bleiben. Am 7. Juli 2006 starb er. Wenige Monate vor seinem Tod hatte er in einem Interview mit dem Süddeutsche Zeitung Magazin angekündigt, keine öffentliche Beerdigung zu wollen: "Aus Angst vor den Jacob Sisters. Mit ihren komischen Pudeln zerstören sie doch jede Atmosphäre. Die sind auch bei Moshammer aufgetaucht." Mit dem Tod hatte er sich zu dem Zeitpunkt bereits abgefunden. "Ich muss dankbar sein. Ich habe so ein tolles Leben gehabt. Ende."

Neuauflage

Anlässlich des 80. Geburtstages von Carrell zeigt NDR Fernsehen am kommenden Montag um 20.15 Uhr eine Neuauflage seines Klassikers "Am laufenden Band". 40 Jahre nach der ersten Folge präsentiert diesmal Jörg Pilawa ein Revival der erfolgreichsten deutschen TV-Show der 1970er-Jahre. Wie schon in der Original-Ausgabe treten vier Teams zu kreativen Spielen an. Wie bei Carrell handelt es sich auch dieses Mal um generationenübergreifende Paare. Eine Fortsetzung ist offen.

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