Der politische Einfluss auf die Landesstudios

Verbessern die Laune der Landeshauptleute: Die ORF Landesdirektoren (v. li.). Markus Klement (Vorarlberg), Roland Brunhofer (Salzburg), Kurt Rammerstorfer ( Oberösterreich), Karlheinz Papst (Burgenland), Generaldirektor Alexander Wrabetz, Karin Bernhard (Kärnten), Helmut Krieghofer (Tirol), Norbert Gollinger (Niederösterreich), Gerhard Draxler (Steiermark). Nicht im Bild: Brigitte Wolf (Wien).
Die Macht der Landeshauptleute ist im ORF ungebrochen. Nirgendwo anders im Rundfunk ist der politische Einfluss so groß.

Im ORF gibt es eine Regel: Wenn die Landeschefs happy sind, sind alle happy. Und wenn alle Landeshauptleute gleichzeitig froh sind, ist der Tag gelungen. Das weiß Generaldirektor Alexander Wrabetz, das wissen auch seine Direktoren. Das führt zu Szenen wie jener am vergangenen Montag, wo "Wien-Heute"-Chefredakteur Paul Tesarek bei der Elefantenrunde als Stichwortgeber für Bürgermeister Michael Häupl fungierte, der Neos-Kandidaten Beate Meinl-Reisinger aber gnadenlos drüberfuhr.

Nirgendwo sind der politische Einfluss auf die Berichterstattung und das persönliche Fortkommen der ORF-Mannschaft größer als in den Landesstudios. Und nirgendwo ist das Verhältnis zwischen Rundfunk und Landesführung entspannter. Die Realverfassung der Republik (gegen die Länder regieren ist undenkbar) spiegelt sich im ORF wider: Laut Gesetz haben die Länder jeweils einen Stiftungsrat im obersten ORF-Gremium. Und ein Anhörungsrecht bei der Bestellung der Landesdirektoren. Letzteres ist reine Farce: Noch kein Landesdirektor ist gegen den Willen eines Landeskaisers bestellt worden. Andere, die im Gesetz sehr wohl ein Mitbestimmungsrecht in Personalfragen hätten, werden regelmäßig brüskiert. "Das Anhörungsrecht der Landeshauptleute ist in der Realität viel stärker als das Mitbestimmungsrecht der Redaktionen", ärgert sich der oberste Redakteursvertreter, Dieter Bornemann, immer wieder.

Settele ausgebootet

Das bringt interessante Karriereverläufe mit sich. 2012 wurde ein 36-jähriger Radiomoderator zum Vorarlberger Landesdirektor. Markus Klement, der bis dorthin im Radio hinterm Mikro saß, ist seither Herr über ein Budget von 16 Mio. Euro. Die Bestellung wirft auch im Nachhinein noch Fragen auf: Im Wiener Stiftungsrat wurde er (unter Protest des Grünen Stiftungsrates Wilfried Embacher) fast einstimmig abgesegnet – über Gegenkandidaten wie den damals gerade aus den USA zurückgekehrten Hanno Settele erfuhr man gar nichts. Landesdirektoren werden eben hinter den Landesgrenzen ausgesucht.

Ins Gerede kam auch der Tiroler Helmut Krieghofer, der ebenfalls 2012 zum Landesdirektor in seiner Heimat wurde. Der ehemalige schwarze Landespolitiker hatte im ORF-Stiftungsrat die Interessen Tirols vertreten, bis wieder ein Job im ORF frei wurde. Er war früher Moderator von "Tirol Heute", bis er 1991 direkt zur ÖVP wechselte. Eine wechselvolle Karriere zwischen Rundfunk-Land-Rundfunk. Im Dienste der ÖVP.

Acht Studios ...

Legendär ist der Befund von Wrabetz zu den Landesstudios aus 2009: "Wahr ist, dass acht ORF-Landesstudios hervorragende, vollkommen unbestrittene objektive Arbeit in der politischen Berichterstattung leisten", ätzte er in einem internen Schreiben. Dass mit dem neunten das Landesstudio Niederösterreich gemeint war, in dem der Draht zwischen Landeshauptmannbüro und ORF-Mannschaft besonders gut sein soll, lag für Beobachter auf der Hand.

Landesdirektor Norbert Gollinger fühlte sich demonstrativ nicht angesprochen: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der ORF-Generaldirektor mit seinen Aussagen das Landesstudio Niederösterreich meint", meinte er. Ein halbes Jahr später wurde der niederösterreichische Chefredakteur Richard Grasl überraschend zum Finanzdirektor berufen – eine Machtdemonstration von Landeschef Erwin Pröll. Von Wrabetz sind seither keine abfälligen Bemerkungen mehr über St. Pölten überliefert.

Dass die richtige politische Farbe schnell die falsche sein kann, musste der Salzburger Landesdirektor Roland Brunhofer erkennen, als die rote Landeshauptfrau Gabi Burgstaller die Wahl an die ÖVP verlor. Brunhofer, der davor aus dem schwarzen Oberösterreich karrierebedingt ins rote Salzburg gewechselt war, gilt seither als Absprungkandidat Richtung Wien. Er arbeitete ein Frühstücksfernsehen aus, das die eingangs erwähnten Prämisse – happy Landeschefs = happy ORF – ideal erfüllte: Jede Woche sendet der ORF mit mobilem Studio aus einem anderen Bundesland. Seine Zelte hat er im Bedarfsfall jedenfalls schnell abgebrochen: Der Oberösterreicher wohnt in Salzburg nämlich im Hotel.

Frühstück auf dem Land

Das Frühstücksfernsehprojekt wird im Frühjahr 2016 starten. Es wäre nicht der ORF, wenn nicht auch hier eine penibel die Interessen von Rot und Schwarz abgewogen würden: Die Chefredakteurin des ORF-Niederösterreich, Christine Teschl ist redaktionell zuständig. Die generelle Projektleitung liegt bei Brunhofer (Salzburg), Karlheinz Papst (Burgenland) und Gollinger (NÖ). Politisches Gleichgewicht freut die Landeschefs.

Und sie dürfen sich über eine neue Sendefläche freuen. Skeptiker monieren, dass das Projekt teuer sei, die Redaktionen belaste und wenig Marktanteile bringen werde. Aber wer will damit schon den Landeshauptleuten die Laune verderben?

Wie das perfekte ORF-Personal politisch aussieht, hat der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer einmal am Beispiel der Kärntner Landesdirektorin Karin Bernhard skizziert: "Wrabetz hat mich gefragt, wen von den Kandidaten ich nehmen würde. Ich habe gesagt, die Bernhard, die kommt aus einem roten Elternhaus, ist mit einem Schwarzen verheiratet und konnte auch mit Haider – ist also überparteilich."

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