Neuland: TV-Quoten erfassen Online-Seher
Sie sind die Währung im Austausch zwischen Fernsehmachern und Werbewirtschaft, sie sind von Politikern zuweilen gefürchtet und selbst für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Gradmesser des Erfolgs: die Quoten.
Und sie sind zunehmend falsch. Denn die Quoten geben einen derzeit noch nicht riesigen, aber rasant zunehmenden Anteil des Fernsehkonsums in Österreich nicht wieder. Einerseits wird eine immer größere Anzahl an Sehern bei der TV-Quotenmessung nicht erfasst: Die Online- und On-Demand-Zuseher nämlich, die sich über Mediatheken oder Webseiten ihr Programm selbst zusammenstellen.
Und andererseits wird auch ein weiterer, zunehmend wichtiger Faktor für den Erfolg eines Fernsehprogrammes derzeit nicht berücksichtigt – nämlich die Online-Relevanz. Wie viele Online-Rückmeldungen es etwa auf Social Media-Plattformen zu bestimmten Sendungen gibt, ist durchaus etwas, was für die Werbung und damit für Sendereinnahmen relevant ist. Es bezeugt ein besonderes Zuseherinteresse, das durchaus von den nackten Einschaltquoten abweichen kann: Eine Serie braucht nicht massenhaft Zuseher, wenn sie dafür eingefleischte Fans hat, denen man nahestehende Konsumprodukte verkaufen kann.
Noch sind diese Faktoren in Österreich nicht übermäßig stark. Wie es aber in naher Zukunft aussehen könnte, kann man schon jetzt in den USA beobachten: Dort wird derzeit die Quotenmessung auf neue Beine gestellt. Die sogenannte „Nielsen-Familie“ stand Jahrzehnte lang für die typische US-Seherfamilie. 25.000 ausgewählte Haushalte waren statistischer Ausgangspunkt dafür, wie die Nation fernsah – am Fernseher, wohlgemerkt.
Doch gerade in den USA gibt es von Hulu, Netflix, Amazon, Apple und weiteren Internetfirmen ein reichhaltiges, qualitativ hochwertiges Fernsehangebot im Internet, das am Laptop, Handy, Tablet konsumiert wird. Ab Herbst nun will Nielsen diese Angebote in den Quoten berücksichtigen, zumindest wenn sie am Fernseher konsumiert werden. Und es wird auch beobachtet werden, was und wie viel auf Twitter zu bestimmten Sendungen kommuniziert wird.
Österreich 2014
Es wird daher zukünftig eine einheitliche „Währung“ geben, in der TV- und Online-Reichweiten von Fernsehprogrammen zusammengefasst werden. Derzeit sei man in der Vorbereitungsphase, denn dieser Wandel in der Quotenmessung ist durchaus grundlegend: Es soll eine europaweit einzigartige, tagesaktuelle, einheitliche Messung für Online und TV auf die Beine gestellt werden, die noch dazu nicht „Geräte“ misst, sondern wie viele Personen zusehen.
Dazu müssen u. a. Codes in die Videos der Mediatheken eingearbeitet und Überlegungen angestellt werden, wie man die erhobenen Daten sinnvoll miteinander verknüpft, betont die AGTT. „Vieles ist hier Neuland.“
Kommentare