Man ist ein Angestellter

Sissy Mayerhoffer, Leiterin Humanitarian Broadcasting ORF (c: ORF)
at // Richard Grasl tritt als "Schwarzer Ritter" die Nachfolge an, Sissy Mayerhoffer dankt ab. Die ehemalige kaufmännische Direktorin des ORF wurde "befördert" und leitet künftig den Bereich Humanitarian Broadcasting vom Küniglberg aus. Damit trägt sie nun Verantwortung für "Licht ins Dunkel" sowie für weitere soziale ORF-Projekte, die einer Auffrischung bedürfen. Ein dramatischer Thronverlust Sissys? Wie eine Frau mit Machtverlust erfreulich gelöst umgeht - eine Bestandsaufnahme. atmedia.at: Abgelöst, weggelobt? Frau Mayerhoffer dachten Sie daran den ORF zu verlassen? Sissy Mayerhoffer: Ich habe in meinem Leben dreimal den ORF verlassen, jetzt ist das nicht notwendig. Es ist eine tolle Aufgabe, die man mir angeboten hat. Ich wollte so was wie "Licht ins Dunkel" eigentlich immer machen. Am liebsten am Ende meines Berufslebens. Nun ist es halt etwas früher als ich es geplant hatte.
Was antworten sie Leuten die meinen, das sei ein Abstieg?
Mayerhoffer:Es ist kein Abstieg, es ist ein Sidestep, finde ich. Es ist eine in sich geschlossen Aufgabe, wo du mit vielen Abteilungen zusammen arbeitest und du direkt dem Generaldirektor unterstellt bist. Es ist eine Stabsstelle, die auch nicht neu erfunden wurde. Das Amt hat es schon früher gegeben, unterKurt Bergmann. Nur war es da im Markering angesiedelt. UnterMonika Lindnerwurde es allerdings abgeschafft, aus Gründen, die ich nicht kenne.Bilanzleser

Was halten Sie denn von der Personalie Richard Grasl?
Mayerhoffer: Es steht einem als gehender, in meinem Fall als ein im Unternehmen wechselnder Vorgänger nicht zu, über einen Nachfolger zu urteilen. Das wäre ein sehr subjektives Urteil und ich hab auch keine bad Feelings ihm gegenüber. Wir kennen einander von früher, aber wie sein möglicher Wechsel durch die Medien getrieben wurde hat weder er noch ich den Kontakt zum anderen gesucht. Weil er vermutlich nicht wusste was los ist und ich auch nicht. Ich halte in solchen Situationen nichts von einer Mauschelei, weil so was kann nach hinten los gehen.

Kann ihr Nachfolger Bilanzen lesen?
Mayerhoffer: Bilanz lesen kann man lernen. Er hat immerhin Handelswissenschaften studiert und da lernst du das. Viel wichtiger ist heute das Wissen um das operative Geschäft, wo rennt es hin und wo nicht. Kaufmann, das hast du oder du hast es nicht, das musst du nicht unbedingt jahrelang studieren.

Stört es Sie nicht, dass Sie von der Politik von Ihrem Posten geholt wurden?
Mayerhoffer: Ach, ich kann das nicht beeinflussen. Wir sind in keinem Unternehmem wo ein Chef da oben steht wie ein Hans Dichand oder Wolfgang Fellner. Wir sind eben ein Shareholder-Unternehmern. Man ist ein Angestellter und wird auf eine gewisse Zeit bestellt. Dass sich das auf Grund von neuen Rahmenbedingungen ändert, ist eben so.

Erstmalige Laufzeit-Kürzung

Ihr Vertrag war noch zwei Jahre lang gültig?
Mayerhoffer: Bis Ende 2011. Und das die Laufzeit eines kaufmännisches Direktor innerhalb der Periode gekürzt wird ist erstmalig. Aber es ist so. Man muss sich dann eben die nächste Frage stellen: was mach ich jetzt und wie mache ich es.

Und wenn Sie sich geweigert hätten zu gehen?
Mayerhoffer: Dann hätte es überall verhärtete Fronten gegeben, das kann das Unternehmen nicht brauchen. Ich kann nicht auf etwas bestehen, ich als Person, als Angestellte, was dem ganzen Betrieb auf Grund von Missstimmungen schaden könnte. Da gibt es ein paar tausend Mitarbeiter die das nicht verdient haben.

Die Werbepreise sind runter gerasselt. News-Verlagsschef Oliver Voigt beklagt, dass die ORF-Preisspirale alle anderen Medien unnötig unter Druck setzt. Richtig?
Mayerhoffer: Ich teile das nicht. Grundsätzlich ist Print mit Fernsehen nicht zu vergleichen, auch nicht was die Zielgruppen betrifft. Wo wir uns vergleichen müssen sind die privaten Fernsehanbieter. Weil IP Österreich sowie SevenOne Media und die anderen wesentlich günstiger waren und nie mit den Preisen hinaufgegangenen sind. Die Schere zwischen den deutschen Werbefenstern und uns war extrem hoch, das musste man irgendwie angleichen. Freiwillig haben wir das ohnehin nicht gemacht.

Klingt nach viel Arbeit für den neuen Enterprise-Chef?
Mayerhoffer: Er macht die Preise. Wie Franz Prenner das in Zukunft löst, was er für Konzept hat, ob er andere und neue Pakete aufstellt, zum Beispiel mit Hörfunk, Online und Teletext, das wird sich zeigen. Aber nochmals: wir haben keine Dumpingpreise. Unser Tausender-Kontakt-Preis ist noch immer höher als der der deutschen Privatsender mit fast derselben Nettoreichweite. Aber der ORF hat auch ein Premium-Produkt, der ORF ist sehr österreichisch und das ist einmalig bei dem großen Angebot in den Digitalen- und Kabel-Haushalten. Das alles rechtfertigt einen höheren Preis.

Man ist ein Angestellter
Sissy Mayerhoffer, Leiterin Humanitarian Broadcasting ORF (c: ORF)

Das ORF-Budget für 2010 ...
Mayerhoffer: ... ist fast ident mit dem von 2009 und wurde noch von mir erstellt. Es bewegt sich im Rahmen von rund 890 Millionen. Mit Kürzungen für den Regelbetrieb und den Bereich Sachleistungen, weil wir 2010 ein Sonderjahr haben mit Olympischen Spielen und Fußball-WM. Da sind zum Beispiel extrem hohe Lizenzen zu begleichen.

Aber wo wurde dann der Sparauftrag erfüllt?
Mayerhoffer: Beim Personal, das ist schon ein großes Paket. Null-Lohnrunde, Ende der Jubiläumsgelder, Restriktionen bei den Zuschüssen und diversen Zulagen. Ergibt am Ende Einsparungen von 52 Millionen Euro.

Welche großen Steine müssen sich noch bewegen?
Mayerhoffer: Ich sage mal einige, aber das ist nicht die Frage die ich mir nun stellen muss. Eigentlich sollten wir eher übers Produkt nachdenken. Über das Programm. Über Ö3 zum Beispiel brauchen wir gar nicht erst reden, das ist sowieso großartig. Auch die Landesstudios funktionieren wunderbar in ihrer Zielgruppe. Die haben eine irre Reichweite und große Marktanteile, auch im Fernsehen. Was aber die wirklich große Herausforderung ist: wie viel Programm und in welcher Qualität und Güte kann man mit den vorhandenen Geld in Zukunft produzieren.

Worauf sind sie besonders stolz?
Mayerhoffer: Das ich schon im Juni mit allen Hauptabteilungsleisten begonnen habe die Budgetvorgaben zu erstellen und dann im Gespräch zu schauen, wie kann man diese Vorgaben erreichen. Es kann ja nicht sein dass man nur sagt, so, du hast um fünf Millionen weniger, erwürg dich. Da muss ja auch Gespräche geben, wie kann man das schaffen und lösen.

Was wünschen Sie dem Unternehmen?
Mayerhoffer: Die Gebührenrefundierung ist wirklich ganz wichtig. Wobei uns die ja zusteht, das ist nur in Vergessenheit geraten. Es war ja schon als Gesetz beschlossen, wurde dann aber mit einer anderen Frage junktimiert. Das war 2001 und wahrscheinlich Teil des Paketes von Finanzminister Karl Heinz Grasser und das Null-Defizit zu erreichen.

Wie lange geht ihr neuer Vertrag?
Mayerhoffer: Wieder auf fünf Jahre.

atmedia.at/Franz Prassl

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