Kräftiger Gegenwind für Ö3 Visual

Schon jetzt gibt es auf der Ö3-Homepage einen Simulcast-Stream zum laufenden Programm via Ö3-Liveradio-Player, der aktuelle Schlagzeilen oder Musiktitel zeigt. Bei Ö3 visual soll es auch Videos und Bilder aus dem Studio geben.
Wettbewerbsbehörde und Public-Value-Beirat sehen ORF-Projekt kritisch. KommAustria muss Verfahrensdauer verlängern.

Es gilt ORF-intern als eines der "Innovationsprojekte": Ö3-Visual- Radio. Dort sollen künftig parallel zum Ö3-Programm auch die Musikvideos zu den gerade laufenden Hits zu sehen sein und Ö3 damit auch im Bereich Bewegtbild weiterentwickelt werden. Beim ORF versucht man so, dem Trend zum "Second Screen" zu begegnen. Schon jetzt gibt es auf der Ö3-Homepage einen Simulcast-Stream zum laufenden Programm via Ö3-Liveradio-Player, der Zusatzinformationen wie aktuelle Schlagzeilen oder Musiktitel zeigt.

Doch die Hürde der gesetzlich vorgesehenen Auftragsvorprüfung ist hoch, der Gegenwind kräftig.

Dass Privatsender - allen voran Kronehit das Ähnliches plant – sich gegen die ORF-Pläne aussprechen, liegt nahe. Schwerwiegend für den ORF ist aber, dass sich auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und der Public-Value-Beirat kritisch zu dem Vorzeige-Projekt äußerten. Das bestätigte ORF-Unternehmenssprecher Martin Biedermann gegenüber atmedia.at.

Wettbewerb

So merkt die BWB beispielsweise sinngemäß an, dass der ORF sich auf Grund öffentlich-rechtlicher Finanzierung ein Online-Angebot leisten kann, das nach betriebswirtschaftlichen Kriterien am Markt nicht finanzierbar wäre.

Kräftiger Gegenwind für Ö3 Visual
Martin Biedermann ist Leiter des ORF-Marketings und ORF-Unternehmenssprecher
Aus Sicht desORFist das allerdings gar nicht Gegenstand der Auftragsvorprüfung. Und: "Dass kommerzielle Anbieter vergleichbare Angebote nicht bereitstellen, weil sie am Markt nicht refinanzierbar sind, ist eher ein Argument für die Genehmigung, da sonst niemand ein vergleichbares Medienangebot auf dem österreichischen Medienmarkt etablieren würde und das Feld einmal mehr internationalen Anbietern überlassen bliebe", wie Biedermann betont.

Eingeschränkt öffentlich-rechtlich

Kritisch sieht auch der Public-Value-Beirat die Ö3-Pläne, wenn auch aus ganz anderen Gründen. So heißt es, dass Musikvideos inhaltlich und qualitativ nur in sehr "eingeschränktem Ausmaß und in Einzelfällen" jene Kriterien erfüllten, die an öffentlich-rechtliche Inhalte anzulegen sind. Biedermann: "Das wird natürlich dieser Mediengattung nicht gerecht und die angesprochenen Kriterien werden außerdem nicht definiert."

Auch dass alle Musikvideos etwa via Youtube kostenlos zur Verfügung stehen, und daher vom ORF nicht zusätzlich angeboten werden müssten, "geht von einem falschen Verständnis von Ö3-Visual-Radio aus“, meint der ORF-Sprecher. Dieses solle keine Hosting-Plattform werden, "es handelt sich um die gleichzeitige Bereitstellung von Musikvideos zu den im Radioprogramm gespielten Musiktiteln." Es richte sich an Hörer, "die Radio über ein Endgerät mit Display wie Smartphones, Tablets oder Smart-TVs empfangen. Der Screen wird damit - wie bei modernen Digitalradios - für ein attraktives Zusatzangebot genützt."

Seitens der Privatsender gab es weitere Kritikpunkte. Diese betrafen zum Beispiel die günstigsten Werbepreise (TKPs) von Ö3, die Privaten keine "Luft zum Atmen" ließen. Das sei falsch, meint Biedermann. "Die Ö3-TKPs liegen zum Beispiel 2014 über jenen der Mitbewerber." Auch die Wettbewerbsposition der Konkurrenz sei nicht gefährdet. "Das hat Österreichs einziger Musik-TV-Sender, gotv, der Wettbewerbsbehörde sogar bestätigt.“

Frist-Verlängerung

Der ORF hat zwischenzeitlich "gegenüber der KommAustria zu allen im Zuge des Auftragsvorprüfungsverfahrens vorgebrachten Einwänden Stellung genommen", erklärt Biedermann.

Die KommAustria muss nun in den nächsten Wochen entscheiden. Die Frist wird wegen der Komplexität des Falles und im Einvernehmen mit den Beteiligten überzogen. Ursprünglich sollte das Verfahren spätestens am 29. Jänner enden. Nun soll "im Laufe des Februar" die Entscheidung gefällt werden, heißt es bei der Behörden-Dienststelle.

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