Im Vakuum am Küniglberg

Ausweichcontainer: Bis der ORF wieder vollständig besiedelbar ist, sind hier Büros untergebracht
Ein Insider kritisiert schleppende Entscheidungen auf der Baustelle. Der ORF kalmiert.

Im August des Vorjahres haben 740 ORF-Mitarbeiter ihre neue Arbeitsstätte bezogen: den Container. Weil das Bauteil 1, also jener zentrale Teil des ORF-Zentrums, der die Geschäftsführung und zahlreiche Redaktionen beherbergte, baufällig war, muss es saniert werden.

Parallel dazu gab es heftiges Gezerre in Politik und Geschäftsführung:

Soll der ORF nach St. Marx? Generaldirektor Alexander Wrabetz sagte Ja. Ebenso das rote Wien.

Finanzdirektor Richard Grasl hingegen sagte Nein. Begleitet von Zurufen unter anderem der ÖVP und Betriebsräten. Die Bundes-SPÖ betrachtete das Thema betont lieblos.

Zwar glaubt nicht einmal mehr die Stadt Wien so recht daran, dass der Traum vom Neubau in St. Marx noch wahr werden könnte. Der ORF-Chef wand sich allerdings bisher um eine klare Festlegung, dass der ORF am Küniglberg bleiben werde.

Gezerre

Auf der dortigen Baustelle macht sich dieses Gezerre langsam bemerkbar, wie ein Involvierter zum KURIER sagt. Er ortet „ein massives Entscheidungsvakuum“ bei grundlegenden Fragen. Man sei „sehr stark von außen abhängig, ob man etwas entscheiden darf.“ Und: Auch beschlossene Dinge seien im Tagesgeschäft nicht mehr fix. So gebe es zwar mittlerweile ein Raum- und Funktionskonzept, dieses werde aber ständig untergraben. Wenn die Entscheidungen weiter verschleppt werden, werde eine Rückbesiedelung des ORF-Zentrums frühestens Mitte 2015 möglich sein, meint der Insider. Allerdings deute schon jetzt alles darauf hin, dass es wohl eher Ende 2015 werde.

Die betroffenen 740 Mitarbeiter dürfen es sich bis dorthin weiter im Container gemütlich machen.

Grasl sieht Vorhaben im Zeitplan

ORF-Finanzdirektor Richard Grasl kalmierte auf Anfrage sehr entschlossen. „Wir sind immer noch in einem guten Zeitplan“, sagte er. Die Rückbesiedelung mit Mitte 2015 sei am Donnerstag auch den Stiftungsräten vorgelegt worden. „Die einzigen Verzögerungen, die es geben wird, sind Einsprüche in Ausschreibungsverfahren.“ Damit müsse man als öffentlich-rechtlicher Auftraggeber aber rechnen.

Die Standortfrage war am Donnerstag auch einmal mehr Thema im obersten ORF-Gremium, dem Stiftungsrat. Die Räte wurden darüber informiert, wie mögliche Finanzierungen für die notwendigen Baumaßnahmen aussehen können. Zur Debatte stehen Leasing und Anleihe, die europaweit ausgeschrieben werden sollen. Einen Beschluss darüber und wo der ORF räumlich aufgestellt sein wird, soll im März 2014 fallen, der letzten Sitzung des amtierenden Gremiums.

Damit ist neuen Spekulationen Tür und Tor geöffnet: Denn durchaus denkbar wäre, dass die Räte diesen weitreichenden Beschluss an die Nachfolger weitergeben, die bereits am 27. April ihre konstituierende Sitzung abhalten. Wenn sich die Mehrheiten leicht verschieben, wäre ein letzter Anlauf für St. Marx für Beobachter zumindest nicht undenkbar.

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