Heino Ferch ist auf den "Spuren des Bösen"

Heino Ferch als Richard Brock in "Spuren des Bösen - Liebe".
Heino Ferch über „Liebe“, den fünften Teil der Krimireihe „Spuren des Bösen“ (ORF 2, 20.15 Uhr).

In der Reihenhaussiedlung am Wiener Stadtrand ist alles so wie immer: Vögel zwitschern, die Thujen sind akkurat geschnitten und Autos warten unter Carports auf ihren Einsatz. Die Kamerafahrt, die einem zu Beginn dieses idyllisches Bild liefert, nähert sich langsam dem vermeintlich Bösen in der Person von Klaus Willer (Hary Prinz), der sich neben seiner blutverschmierten Frau mit einer Waffe im Haus verschanzt und niemanden zu sich lässt– außer seinen alten Schulfreund Richard Brock (Heino Ferch). Der Kriminalpsychologe bewegt Willer, der seine Unschuld bekundet, zur Aufgabe. Brock glaubt ihm zwar. Die Polizei aber nicht.

Der Kriminalpsychologe bewegt Willer, der seine Unschuld bekundet, zur Aufgabe. Brock glaubt ihm – die Polizei nicht. In „Liebe“, dem fünften Teil der Krimireihe „Spuren des Bösen“, der heute Abend, Mitrtwoch, auf ORF 2 (20.15 Uhr) Premiere hat, stößt Brock an seine Grenzen. Heino Ferch erzählt im KURIER- Interview, warum.

KURIER: Der Fall spielt sich in einer Kommune ab, die freie Liebe praktiziert. Können Sie mit dieser Ideologie etwas anfangen?
Heino Ferch: Diese Art zu leben ist mir fremd. Es ist eine extrem radikale Haltung, die den eigenen Tod als möglichen Ausweg, als Lösung sieht. Man könnte diese sektenähnliche Kommune mit Fundamentalisten oder Gotteskriegern vergleichen, denn sie sind sich in punkto Fanatismus und Radikalismus ähnlich, haben sich auf eine Art zu leben verschworen – mit all den Konsequenzen. Die Handlung hat durch die Gräueltaten des Islamischen Staats, die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten noch kein großes Thema waren, durch die jüngsten Anschläge an Aktualität gewonnen.

KURIER: Haben sie noch gewisse Drehtage im Kopf oder schließt man damit nach Drehschluss ab?
Heino Ferch: Obwohl seit den Dreharbeiten bereits einige Monate vergangen sind, spuken einem die intensiven Drehtage immer noch im Kopf herum. Denn so einfach schließt man mit diesem besonders starken Stoff, mit so einer schweren Thematik nicht ab - trotz der professionellen Distanz, die man dazu aufbaut.

Die Sorgenfalte von Richard Brock wächst und wächst: Wie geht es ihm am Ende von „Liebe“?
Schlecht. Er hat versagt, hat keinen Zugang zu den Bewohnern in der Kommune „Eden“ gefunden und musste hilflos zusehen, dass die Geschichte ihren Lauf nimmt.

Diese Hilflosigkeit ist ja auch bei der aktuellen Terrorgefahr ein Problem? Wie gehen Sie persönlich mit der aktuellen Situation um?
Nach Paris ist man schon sehr sensibilisiert und natürlich nicht davor gefeit, dass man Großveranstaltungen wie Fußballspiele und Rock-Konzerte meidet. Aber was passiert ist, ist passiert. Und man kann sich ja nicht den ganzen Tag einsperren. Ich fahre längere Strecken nicht mehr mit dem Zug, da es für Terroristen ein leichtes Ziel ist, mit einem Rucksack voller Sprengstoff in den Zug einzusteigen und sich dann bei 200 Stundenkilometer in die Luft zu sprengen. Es wird ja nicht kontrolliert, im Gegensatz zum Flugzeug, wo alles durchleuchtet wird.

Ursprünglich war „Spuren des Bösen“ nicht als Serie geplant? Im Februar starten bereits die Dreharbeiten für Teil 6. Was zeichnet Spuren des Bösen aus?
Das Team. Das Zusammenspiel von Drehbuchtautor Martin Ambrosch, den Chef-Kameramann David Slama und Andreas Prohaska, der ein unheimlich kluger, intuitiver und intelligenter Regisseur ist. Er hat ein unglaublich gutes Händchen, Gespür für die Situation und Atmosphäre. In Kombination mit den von Martin Ambrosch entwickelten Drehbüchern, die sich mit den Abnormitäten der menschlichen Psyche und mit psychologischen Krankheitsbildern auseinandersetzen, entwickeln sich extrem tragische und erschreckend harte Geschichten, die ihresgleichen suchen. Da ist etwas über die Jahre gewachsen, das eine enorme Intensität erzeugen kann. Diese Entwicklung der Folgen braucht natürlich Zeit, daher drehen wir auch maximal eine Folge pro Jahr, damit am Ende kluge und besondere Krimis dabei rauskommen.

Apropos Entwicklung, Wie viel Einfluss haben Sie auf die Figur Richard Brock?
Es ist mir sehr wichtig, dass sich die Persönlichkeit von Richard Brock weiterentwickelt, damit der TV-Zuseher mit der Figur weitere Schritte machen kann. Wir führen dazu sehr viele Gespräche - vor, während und nach den Dreharbeiten. Aber grundsätzlich wird die Figur von Drehbuchautor Ambrosch und Regisseur Prohaska schon so gut und klar charakterisiert, dass ich da kaum noch was verändern muss.

Heino Ferch ist auf den "Spuren des Bösen"
ORF-Premiere:: "Spuren des Bösen - Liebe", Ein Schulfreund Brocks steht unter Mordverdacht. Erst beteuert er seine Unschuld, dann legt er ein Geständnis ab. Für Brock kann der Mann die Tat nicht verübt haben. Warum dann das Geständnis? Die Spur führt ihn in eine Kommune, in der andere Gesetze gelten als anderswo auf der Welt.Im Bild: Cordelia Wege (Sascha Krausz), Cornelia Ivancan (Uta Fischer), Emily Cox (Anita Reill), Stefan Pohl (Christian Peyer). SENDUNG: ORF2 - MI - 17.02.2016 - 20:15 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/Aichholzer Film/Petro Domenigg. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606

Als welchen Typen würden Sie Richard Brock beschreiben?
Er ist ein Deutscher, der in Wien gestrandet ist und nach dem Tod seiner Frau, für den er sich verantwortlich fühlt, eine Persönlichkeitsstörung entwickelt hat. Er ist zwar brillant bei seinen Analysen, aber wenn es um den Aufbau und Erhalt von sozialen Kontakten geht, ist er unfähig.

Er trinkt, kifft und denkt viel. Er redet wenig und verschließt sich komplett. Wann verliebt sich Richard Brock wieder?
Mit Paula Moser (Maria Köstlinger), seiner Kollegin an der Universität, gab es ja bereits im vierten Teil „Schande“ eine Amour Fou. Aber das war natürlich typisch für den Charakter von Richard Brock, dass er sich dann jemandem öffnet, der nur begrenzt darauf eingehen kann, weil sie ja verheiratet ist. Zunächst ist die große Liebe nicht geplant. Ganz im Gegenteil. Im Teil 6 kommt er richtig unter die Räder. Der einzigen Person, die er sich in den kommenden zwei Folgen öffnet, ist seine Tochter.

Gibt es Für Sie eine Rolle, die sie – auch bei einem tollen Drehbuch - niemals übernehmen würden?
Den klassischen Kinderschänder möchte und werde ich auch niemals geben. Das ist thematisch so abstoßend für mich, dass ich mich keine Minute damit auseinandersetzten möchte.

Warum fährt Richard Brock im Film stets mit dem Taxi?
Weil er zu faul ist, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Wenn er ein Auto braucht, nimmt er sich ein Taxi oder lässt sich fahren. Der Mann lebt so in seiner eigenen Welt, dass ihm ein Auto und was alles dazu gehört einfach nur überfordern würden. Er ist zufrieden mit dem, was er hat, trinkt seinen Café neben an im Kaffee Urania und lebt in seiner sehr kauzigen, eintönigen Welt, in der das Auto einfach keine Rolle spielt.

Richard Brocks Wohnzimmer ist das "Kaffee Urania". Waren Sie auch schon mal abseits des Drehs dort ? Und spiegelt das "Kaffee Urania" die Seele Brocks wieder?
Ich war natürlich auch schon einmal bei Normalbetrieb im "Kaffee Urania". Es ist ein etwas runtergekommenes Lokal, in seiner Form und Erscheinung eine Art Absteige. Das "Kaffee Urania" spiegelt in gewisser Weise auch die Seele von Brock wieder – das Düstere, Kaputte, das Gestrandete. Aber es hat auch einen gewissen Charme und Reiz.

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