Friedrich Küppersbusch über das österreichische TV

Friedrich Küppersbusch über das österreichische TV
Grimme-Preisträger und Fernsehmacher Friedrich Küppersbusch bespricht österreichisches Fernsehen und den Charme der TV-Zigarette.

Grimme-Preisträger Friedrich Küppersbusch über österreichische Preziosen und den Reiz des Verbotenen.

KURIER: Herr Küppersbusch, Ihr Eindruck vom österreichischen Fernsehen?
Friedrich Küppersbusch: Die Deutschen schauen österreichische Programme, die authentisch sind. Stermann und Grissemann, etwa. Es gibt auch keinen so Bekloppten bei uns wie den Armin Wolf. Wir sagen neidisch: Wieso geht das bei euch? Bei uns dürfen sie als Anchor nicht so auf dem Tisch tanzen. Das sind Preziosen.

Haben Sie die Affäre Niko Pelinka mitverfolgt?
Ja, der Büroleiter. Großartige Nummer. Das Video mit dem Redakteursprotest war in Deutschland binnen Sekunden auf allen Monitoren.

Was würden Sie Publizistikstudenten zum Umgang mit Politikern mit auf den Weg geben?
Interessiere dich für den Insassen dieses Fassadengefängnisses, das dir gegenübersitzt. Vergiss nie, dass du mit einem Menschen redest, nicht mit einer Funktion.

Die Politik versucht immer mehr in den Entertainmentbereich auszuweichen, um sich harte Frage ersparen.
In Deutschland machen ausschließlich die Öffentlich-Rechtlichen politische Sendungen. Sie begegnen dabei dem Enkelkind des Politikverdrusses: Der Politikverachtung. Die Politiker wissen das. Sie sagen fast entschuldigend: ,Ich bin Politiker. Aber ich habe auch nette Kinder". Sie haben alle eine Story, die davon ablenken soll, dass sie diesem unanständigen Beruf nachgehen. Früher sind die Politiker in Nachrichtensendungen gekommen, wurden interviewt, und dann hat man die 30 Sekunden gesendet, wo sie rumstottern und sich blamieren. Also sagen sie, sie kommen nur noch live und in Runden, deren Teilnehmer sie sich aussuchen können. Die Politik hat sich monarchische Privilegien erarbeitet.

Sie haben in der Wulff-Affäre (Ex-Bundespräsident Christian Wulff soll versucht haben, per Anruf beim Bild-Chef einen kritischen Artikel zu seinem Hauskredit zu stoppen, Anm.) über Bild-Chef Kai Diekmann gelästert, ihn den "Stauffenberg der Pressefreiheit" genannt. Würden Sie das wieder so scharf formulieren?
Noch schärfer. Bis jetzt wurden noch keine strafrechtlichen Verfahren gegen Wulff eingeleitet. Diekmann hat unrechtmäßig ein Telefonat veröffentlicht, und alle waren so im Jagdfieber, dass sie das illegal Erworbene abgeschrieben haben. Auch FAZ und Süddeutsche – Zeitungen von denen ich einen derartigen Ausverkauf der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht erwartet hätte. Diekmann hat dann noch so getan, als sei das ein außerordentlicher Akt des Mutes vor der Obrigkeit. Er stilisiert sich als Widerstandskämpfer.

Die Form, nämlich dass er etwas veröffentlicht, was er nicht veröffentlichen darf, ist wichtiger als der Inhalt?
Der journalistische Anstand ist wichtiger. Und der Inhalt war auch nicht bedeutsam. Jeder Chefredakteur bekommt einen Teil seines Geldes dafür, dass verärgerte Politiker ihn anrufen. Ein Chefredakteur, der keine Anrufe von verärgerten Funktionsträgern bekommt, macht eine schlechte Zeitung.

Thema Fernsehzukunft: Kann sich das Fernsehen durch Anbindung an soziale Netzwerke retten?
Künftig wird nicht das Fernsehen ein bisschen Internet anbieten, sondern Internet bietet Fernsehen an. Wir lernen ja auch davon, was auf YouTube gut geht. Wir haben für RTL "Raus aus den Schulden" produziert. Die Szene, die bei YouTube am öftesten aufgerufen wird, ist die, wo Peter Zwegat über die Beratungsunfähigkeit einer Familie so empört ist, dass er raus geht und eine raucht. Die Nutzer sind auf diese vermeintliche Wahrheit aus, darauf, wo die Glätte verloren geht. Auch die Begeisterung für Helmut Schmidt besteht zu gefühlten 25 Prozent daraus, dass er raucht. Sich im Fernsehen daneben benimmt. Das Internet ist da unschlagbar, weil es nicht mit so vielen Korrekturen wie Fernsehen versehen ist. Das Fernsehen muss vom Internet lernen.

Darf man daraus schließen, dass auch Sie an an den Tod des linearen Fernsehens glauben?
Die Funktion des gesellschaftlichen Lagerfeuers hat es nicht mehr.

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Friedrich Küppersbusch über das österreichische TV

Grimme-Preis: Friedrich Küppersbusch, 51, ist deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Er moderierte Radiosendungen und arbeitete als Autor für die Politiksendung ZAK, deren Moderation er 1990 übernahm. Für seine Arbeit erhielt er 1991 den Adolf-Grimme-Preis. Von 1996 bis 1997 moderierte er die Sendung "Privatfernsehen".

Produzent: Küppersbusch produzierte als Chef der TV-Firma probono. u.a. die n-tv-Sendung "maischberger", für RTL den "Großen Deutschtest" mit Hape Kerkeling und "Raus aus den Schulden", seit 2009 die 3sat-Sendung "Bauerfeind". Die tageszeitung (taz) veröffentlicht seit 2003 jeden Montag die Interview-Kolumne Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

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