Dietmar Hoscher: Faymann-Freund und Blues-Man

Dietmar Hoscher: Faymann-Freund und Blues-Man
Der Casinos-Vorstand führt den ORF-Stiftungsrat, will dazu aber keine öffentliche Auskunft geben.

Erstmals nach der Sommerpause tritt am heutigen Donnerstag der ORF-Stiftungsrat zusammen. Durch die Entscheidung für Wien als Standort des Song Contests ist für Debattenstoff gesorgt. Dass im Anschluss der neue Stiftungsratsvorsitzende Dietmar Hoscher zu wartenden Journalisten spricht, ist trotzdem unwahrscheinlich. Das widerspricht zwar langjährigen Usancen, für Hoscher liegt das aber auf der Hand. "Es ist Sache der Geschäftsführung, ihre Entscheidungen zu erläutern und nicht die des Aufsichtsratsvorsitzenden." Falls er es für notwendig halte, werde es Aussagen geben. "Das war nur bislang nicht der Fall."

Kein Schüchti

Dabei ist der Vorstand der Casinos Austria sicher kein Schüchti. Schon gar nicht, wenn es um seine Leidenschaften geht. "Fußball und Rapid, Musik, der Beruf und zu allererst meine Familie."

Im Büro des 52-Jährigen ist es unübersehbar: Hier regiert der SCR. "Ich bin auf der Pfarrwiese aufgewachsen", meint er gar nicht entschuldigend. Die eigene Kickerkarriere war beschränkt auf die Schulmannschaft. Damals habe er selten 90 Minuten durchgespielt wegen "Koordinationsproblemen."

Heute dauert ein Match für den Präsidenten des Rapid-Legenden-Clubs stets viel länger, ob nun Schmähführen oder, heuer öfters, Wundenlecken angesagt ist. Hoscher steht auch dazu, dass er auf der VIP-Tribüne sagt und ruft, was er vom Schiedsrichter hält. "Das gehört dazu, aber grenzenlos geht auch auf dem Fußball-Platz nicht."

Emotionalität, das ist es auch, was Hoscher zur Musik zieht. 140 bis 150 Konzerte, schätzt er, besuche er jährlich. Für The Who steigt er sogar ins Flugzeug. "Es gibt kaum einen Ton, den sie gespielt haben, den ich nicht auf Tonträger habe." Mit dabei ist dann seine Tochter, "der ich, glücklicherweise unter anderem, das und Rapid mitgeben konnte." Der "akribische Musikfan" schreibt in der Freizeit Artikel und Bücher, fotografiert bei Konzerten, moderiert hin und wieder auf Ö1 "ehrenamtlich" und ist Künstlerischer Leiter des Vienna Blues Spring Festival, dem längsten Blues-Festival der Welt. "Diese Musiker spüren, wenn man sie akzeptiert und respektiert. Das ist eine völlig andere Welt und auch abseits der Musik enorm befriedigend."

Bei Musik und Fußball, da ist Hoscher locker. Aber er kann auch anders. "Ich bin zum Beispiel sehr nachtragend, wenn jemand behauptet, ich hätte wegen der Politik Karriere gemacht – es war genau umgekehrt."

Hoscher ist heute bei den Casinos wohlbestallter Vorstand für Public & Legal Affairs und Corporate Social Responsibility. Juristische Streitereien um die Casino-Lizenzen gehen etwa über seinen Tisch. Eine andere Seite seines Brotberufs ist Kultursponsoring – Hoscher hat dazu selbst den Alpha Literaturpreis beigetragen. Für sein Engagement für Musik und Literatur erhielt er übrigens jüngst den Titel Professor.

Aber Hoscher pflegt auch engste Beziehungen zur Spitzenpolitik: Er war u. a. SPÖ-Klubsekretär sowie Bundes- und Nationalrat. "Ich war zunächst einmal vor allem Ökonom und Wissenschaftler!", betont Hoscher. Er sei relativ spät der Partei beigetreten, auch wenn er familiär vorgeprägt war. "Mir war dann die Sozialdemokratie mit dem damaligen auch ökonomischen Ansatz des Marktversagens am nächsten." Noch heute spricht er mit Hochachtung von damaligen Mentoren wie dem früheren Nationalbank-Chef Heinz Kienzl.

"Menschlicher Draht"

Auf dem Weg von der Wissenschaft in die Politik traf Hoscher auf den heutigen Bundeskanzler Werner Faymann und auf Josef Ostermayer, heute Medienminister. "Ich war wirtschaftspolitischer Berater für Wohnbau- und Mietrecht im Parlament. Faymann war bei der Mietervereinigung. Daraus hat sich mit den beiden ein starker inhaltlicher und dann auch menschlicher Draht entwickelt." Ist er "Faymanns findiger Fädenzieher", wie es Format formulierte? "Unter Freunden, wenn ich das so sagen darf, tauscht man hin und wieder Einschätzungen aus. Aber ich bin zeitlich eingeschränkt und Faymann und Ostermayer noch viel mehr."

Im Mai wurde Hoscher erneut von der SPÖ in den Stiftungsrat entsandt. Begleitet von Turbulenzen im roten ORF-Freundeskreis wurde er dort Vorsitzender. Ein Parteimann als Chef des parteifernen ORF? Hoscher ganz pragmatisch: "So lange im Gesetz steht, dass Parlamentsparteien Stiftungsräte zu nominieren haben, wäre es sehr undemokratisch, diesen Personen den Vorsitz zu verbieten. Und wer frühere Aussagen von mir zum ORF kennt, weiß, dass ich nicht das Sprachrohr der SPÖ bin." Aussagen heute gibt es, siehe oben, ja keine.

Kommentare