"Die Königin Europas" - Pressestimmen zum Wurst-Sieg

Conchita Wurst in Kopenhagen
Skandinavische Medien sehen eine "Ohrfeige für alle Homophoben in Europa" und einen beispiellosen Applaus in der Geschichte des Songcontests.

Der Sieg beim Eurovision Song Contest-von Conchita Wurst lässt niemand kalt. Besonders die nordeuropäischen Medien, tradidtionell stark am Sangeswettstreit interessiert, schreiben euphorisch über die Teilnehmerin aus Österreich.

"Österreich lieferte einen Höhepunkt 'second to none'. Wer kann Tränen, Diva-Kleidern und einem Bart widerstehen - und Wursts Botschaft, dass der Sieg allen gehört, die sich 'Frieden und Freiheit' wünschen?"
Berlingske Tidende (Kopenhagen)

"Sie ist nicht mehr eine bärtige Frau, sie wurde zur Königin Europas erhoben. Schön, dass auch die Finnen Österreich die meisten Punkte gaben."
Ilta-Sanomat (Helsinki)

"Eine Ohrfeige für alle Homophoben in Europa".
Aftenposten (Oslo)

"Die Wurst war nicht zu stoppen. (...) 'Rise like a Phoenix' stieg auf und brachte Österreich wieder auf die Songcontest-Landkarte zurück."
Sydsvenskan (Malmö)

"Was für ein Liebes-Schock! Conchita Wurst aus Österreich gewann über ganz Europa mit ihrer mächtigen Ballade."
Göteborgs-Posten (Göteborg)

"Schon im Semifinale war die Publikumsunterstützung für Conchita Wurst beispiellos. Am Samstag fegte sie dann alle mit sich. (...) Ich glaube, ich habe noch nie einen vergleichbaren Applaus in der Geschichte des Songcontests gehört."
Svenska Dagbladet (Stockholm)

Italienische Medien:

"Eine Drag Queen mit Bart erobert den Eurovision Song Contest in Kopenhagen und erweist sich als echter Star des Songwettbewerbs. Conchita Wurst ist zur wahren Königin der Bühne geworden!"
Il Fatto quotidiano (Rom)

"Der Eurovision-Wettbewerb 2014 hat eine einzige unbestrittene Königin, Conchita Wurst, eine Drag Queen, die mit ihrem exzentrischen Aussehen und dem Vollbart den Protest homophober Gruppen in Russland ausgelöst hat. Conchita Wurst, die sich nicht als Transsexueller, sondern als Gender-neutral bezeichnet, ist eine tolle Sängerin. Die Mischung aus langen Haaren und männlichem Bart weckt eine bestimmte Verwirrung im Publikum. Österreich schüttelt das Sisi-Image ab."
TMNews

"Hohe Absätze, Schmetterling-Wimpern und dichter Bart: Mit Conchita Wurst erobert Österreich zum ersten Mal seit 1966 den Eurovision Song Contest. Thomas Neuwirth, der erst vor drei Jahren zu Conchita Wurst geworden ist, siegt im Finale in einem bunten, feierlichen Klima, in dem viele österreichischen Fahnen wehen. Conchita Wursts Triumph ist ein Sieg im Europa der Toleranz und des Respekts, wie auch der österreichische Kulturminister Josef Ostermayer kommentiert hat."
La Repubblica (Rom)

Englischsprachige Medien:

Es gebe Siege beim Songcontest und historische Siege: "Der von vergangener Nacht fällt in letztere Kategorie", schrieb die Irish Times (Onlineausgabe) nach dem Triumph von "Austria's bearded lady" (Österreichs bärtiger Dame). Von Medien im englischsprachigen Raum gab es viel Lob für den Song und die Performance, hingewiesen wurde auf die gesellschaftspolitische Bedeutung.

Conchita habe viel Kritik von Konkurrenten aus Russland, Weißrussland und der Ukraine hinnehmen müssen, hieß es auf dem Onlineportal Sky News. "Sogar in ihrer Heimat hat sie der Chef der rechtsgerichteten FPÖ als 'lächerlich' bezeichnet." Aber in der Nacht habe die Sängerin die Zuschauer überzeugt. Ihr Song "Rise Like A Phoenix" sei eine "klassische europäische Powerballade", urteilte die Irish Times, von Wurst mit beachtlichem Können und emotionaler Überzeugung vorgetragen.

Auf das geballte, via Twitter geäußerte Lob wies das britische Blatt Independent hin. Eine Mutter habe geschrieben: "Ich bin so froh, dass meine Kinder in einer Zeit leben, in der Conchita und nicht Hitler Österreich repräsentiert."

Ironisch und mit durchaus derben Humor analysierte der Journalist Euan Ferguson für die englische Tageszeitung The Guardian den Bewerb. "Österreich hat abgesahnt", hieß es in seiner Kolumne. Gesungen habe Wurst "eine Bond-Hymne mit dem Titel, wenn meine Notizen korrekt sind, 'Rise Like A Penis'". "Es war nicht schlecht, aber ich freu mich so, dass es Putin und seinesgleichen den Finger zeigte", so Ferguson.

Auch CNN war der Sieg von Wurst ausführliche Berichte wert. "Österreichs Conchita Wurst gewinnt Eurovison während Spannungen zwischen Russland und Ukraine", titelte der Nachrichtensender. Tom Neuwirth habe Wurst - "was auf Deutsch Wurst heißt, aber auch 'wen kümmert es'" - in seinem Teenageralter geschaffen, um gegen Diskriminierung zu Kämpfen, klärte CNN seine Online-Viewer auf.

Die Berichte über Conchitas Bart würden nicht annähernd dem "vielleicht ergreifendsten Eurovisionsbeitrag dieses Jahres" gerecht werden", bloggte die britische U-Bahn-Zeitung Metro. "Das ist diese Art von Lied, die einen James Bond Film zieren könnte, und man kann sich leicht vorstellen, wie Shirley Bassey es unter der Dusche, wenn nicht sogar auf der Bühne, schmettert."

Selbst in Amerika wird man Conchita Wurst nun kennen. Denn sogar dem einflussreichen Branchen-Magazin Variety war der Songcontest einen Online-Bericht ihres London-Korrespondenten mit einem großen Foto der Siegerin wert.

Spanische Medien:

Spaniens größte Tageszeitung El Pais schreibt: "Sieg der Übertretung. Die Österreicherin Conchita Wurst gewinnt mit einer intensiven, klassischen Ballade Eurovision 2014. Die Drag Queen überzeugte mit ihrer sicheren Interpretation und einem guten Chor, die beide mindestens genau so kraftvoll waren wie ihr Äußeres. Ein begrüßenswerter, andersartiger Erfolg."

Die konservative spanische Zeitung La Razon hebt vor allem die Reaktion österreichischer Medien auf den Sieg Conchitas hervor: "Österreich applaudiert der Botschaft von Toleranz, die vom Sieg der Frau mit Bart ausgeht. Österreichs Medien feiern die Diva, die sich sogar traute, Präsident Vladimir Putin herauszufordern, als Verteidigerin von Respekt und Toleranz."

Spaniens ABC: "Mit einer makellosen Aufführung öffnete die Künstlerin ihre Flügel wie eine Phoenix, um 170 Millionen Zuschauer zu erobern. Konstante Verteidigerin des Respekts und der Anerkennung. Eine Schlacht, die sie sogar während der Eurovision kämpfen mussten, da verschiedene Vereinigungen in osteuropäischen Ländern ihre jeweiligen staatlichen Fernsehsender aufforderten, Conchitas Auftritt zu boykottieren (...) hinter diesem Bart steckt eine Botschaft der Toleranz."

Schweizer Medien:

Die Online-Ausgabe des Schweizer Boulevardblatts Blick titelt "Europa ist Wurst!" und führt aus: "Die Dragqueen aus Österreich gewinnt den Eurovision Song Contest. (...) Die lange Durststrecke der Ösis hat ein Ende (...) Auf diesen Moment musste unser Nachbarland lange warten." Der Sonntagsblick schreibt: "Europa ist verrückt nach ihm (oder ihr)! Hinter der Figur der bärtigen Frau, die am Eurovision Song Contest Millionen Fans fand, steckt eine Dragqueen aus der Steiermark".

Der Schweizer Tagesanzeiger-Online berichtet von einem "verdienten Sieg" für Wurst. Auch wenn ihr Song "vielleicht nicht der beste war in der Konkurrenz, so war ihr Auftritt doch der souveränste."

Das Song-Contest-Finale in Bildern

Kommentare