"Die Anstalt": Griechenland-Clip wird zum viralen Erfolg
Das ZDF darf sich freuen. Traditionell wird dem Sender aus Mainz ja ein Kernpublikum jenseits der 60 nachgesagt. In den vergangenen Wochen konnte man aber gleich mit zwei viralen Clips auch im Internet - wo sich traditionell ein jüngeres Publikum tummelt soll - für Furore sorgen.
Verantwortlich dafür sind die neuen Satire-Sendungen des ZDF. Zuerst narrte Jan Böhmermann im "Neo Magazin Royale" sein (junges) Publikum und Millionen von Youtube-Usern mit dem Stinkefinger-Fake-Video (#Varoufake). Nun sorgt die neue Ausgabe der "Anstalt" für Aufsehen. Die Sendung sollte bereits am Dienstag vergangener Woche ausgestrahlt werden, wurde aufgrund des Germanwing-Absturzes jedoch verschoben. Ein auf Youtube perfekt zugeschnittener Clip wurde vor dem nunmehrigen Sendetermin gestern Abend bereits vorab veröffentlicht und erreichte innerhalb weniger Tage mehr als 370.000 Klicks. Ein Erfolg, der sich auch in den Einschaltquoten bemerkbar machte. Die Sendung vom Dienstag erreichte starke 8,4 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen und somit das beste Ergebnis seit Mai 2014. Insgesamt kam das Format auf 2,65 Millionen Zuschauer (11,3 Prozent). Die schlaue Vermarktung alleine ist freilich nicht der Grund für die große Resonanz.
Troika und Ouzo
Wieder ist es das Missverhältnis Deutschland - Griechenland, das auf großes Interesse im Netz stößt. In dem rund 15-minütigen Video nehmen die Macher der Sendung (als Gast-Kabarettist aus Österreich mit dabei: Klaus Eckel) die Griechenland-Politik der deutschen Bundesregierung und das Verhältnis der Griechen zur Troika aufs Korn. Die Troika - gespielt von den beiden "Anstalt"-Kabarettisten Claus von Wagner und Max Uthoff und Klaus Eckel - besucht darin nicht die Wirtschaft Griechenlands, sondern eine Wirtschaft - konkret: die Weinschenke "Dionysos" - und zwingt den Wirten (Serdar Somuncu) seine Speisekarte jetzt auf "Maultäschle, Sauerkraut und Trollinger" umzustellen. Kurz: Die Troika zwingt die verschuldete griechische Wirtschaft, ihr Geschäft umzustellen, dann ihr "Tafelsilber" (in diesem Fall tatsächlich das Besteck, dazu noch Stühle und Tische) zu verkaufen, um anschließend darauf zu bestehen, dass auch die restlichen Schulden getilgt werden müssten. Aber womit: "Sauerkraut im Stehen?", fragt der Wirt verzweifelt. Er brauche doch Geld, um in seine Wirtschaft investieren zu können. "Vor den Gästen werden erst mal die Schulden bedient." Und überhaupt, sagt Eckel: "Reden wir doch mal offen. In eine Wirtschaft Geld versenken, die weder eigene Stühle, noch eigenes Besteck hat. Also jetzt nicht persönlich nehmen, aber ihr Griechen kapiert es nicht."
Ohne Satire
Insgesamt 50 Minuten lang beschäftigte sich die "Die Anstalt" mit dem Missverhältnis Griechenland - Deutschland. Dabei schreckte man auch vor schwierigen Themen nicht zurück. Nach der einfachen (Kritiker mögen monieren: zu einfachen) Schuldenparabel griff man in einem zweiten Sketch, der ebenfalls in dem Video zu sehen ist, auch die Forderung der Griechen nach Reparationszahlungen auf. Kein Grund zum Spaßen, wie auch die Macher der Sendung fanden und die Politik der deutschen Bundesregierung explizit kritisierten - von Satire keine Spur. "Wir haben also immer gesagt später später später und '89 haben wir dann gesagt: zu spät?"
Am emotionalen Höhepunkt der Folge spendiert dann ein älterer Herr aus Griechenland der Kabarettistentruppe einen Ouzo und erzählt, dass er einer der Überlebenden des Überfalls der Wehrmacht in Griechenland sei. Eine Entschädigung habe er dafür aber nie gesehen. Die Lehre der "Anstalt": Die Regeln, die die Troika vorhin dem Wirten vorgehalten hatte, müssen auch in der Frage um Reparationszahlungen der Griechen gelten: "1. Regeln sind Regeln. 2. Schulden müssen bezahlt werden. 3. Keine Tricks."
Im Publikum herrschte betretenes Schweigen.
Das rundum-erneuerte Format "Die Anstalt" ist seit Februar 2014 als Nachfolgesendung zu "Neues aus der Anstalt" im ZDF zu sehen und ist bekannt dafür kontroverse Themen und satirisch auf den Punkt zu bringen.
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