Böhmermanns #Varoufake bleibt ein Thema

Böhmermanns #Varoufake bleibt ein Thema
Aber kein Varoufake-Effekt bei den Einschaltquoten.

Nach dem Internet-Coup folgte am Donnerstagabend die dazugehörige TV-Show: In seiner Sendung "Neo Magazin Royale" (Wiederholung heute, 23.45 Uhr auf ZDF und hier in der ZDF-Mediathek abrufbar) hat Jan Böhmermann (34) die Verwirrung über das Stinkefinger-Video des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis gestern noch einmal ausgekostet.

Mehr als 1,9 Millionen Menschen haben den am Mittwoch veröffentlichten Clip inzwischen auf YouTube angeklickt, #varoufake ist eines der beliebtesten Themen auf Twitter, gleich hinter der Sonnenfinsternis. Neben diversen Mittelfinger-Anspielungen und Fake-Witzen war dann auch der schon bekannte Clip, in dem sich Böhmermann - satirisch - als Fälscher des "Stinkefingers" rühmt, in der halbstündigen Sendung zu sehen.

Hader-Effekt

Was die TV-Quoten betrifft, hinkt Böhmermann seinem viralen Erfolg aber noch hinterher. 0,24 Millionen Menschen (Marktanteil von 1,1 Prozent) sahen die gestrige Show auf ZDF_neo. Bei den 14- bis 49-Jährigen entsprachen 150.000 Seher guten 1,6 Prozent Marktanteil. Ein solider Wert für den Spartenkanal - ein Varoufake-Effekt hat sich aber nicht eingestellt. Als vor einer Woche Josef Hader zu Gast war, sahen insgesamt 300.000 Menschen zu. Wichtiger ist aber ohnehin der heutige Sendetermin. Seit Anfang Februar ist das "Neo Magazin Royale" auch im Mutterkanal ZDF zu sehen.

Netzhype

Im Netz blieb "Varoufake" jedenfalls ein großes Thema. "Ich glaube, der #Varoufakefake wird eine Ikone des deutschen Fernsehens werden", schrieb jemand bei Twitter. "Alle meinen jetzt, es gestern schon gewusst zu haben", stellte ein anderer fest. Und dann ein Vorschlag: "Für jeden Tweet zum #varoufake bekommen die Griechen 2 Euro."

Auch die Frage, ob Böhmermann dieses Mal zu weit gegangen sei, wurde diskutiert. Andere fanden, dass das ZDF die Satire zu früh als solche aufgelöst habe. „De Kölsche Jung“ twitterte: "Ich habe übrigens das Fake-Bekenntnis des @ZDF gefaked."

Der 33-jährige Bremer ist der Star der Nische. Mit seinem "Neo Magazin" präsentierte Jan Böhmermann ab Oktober 2013 einen möglichen Weg für das tote Genre Late-Night-Show: Der ehemalige Sidekick von Harald Schmidt präsentierte Woche für Woche in 30-minütigen Einheiten ein Feuerwerk an Ideen und crossmedialer Spielereien.

Vor allem ist er dort, wo die jungen Seher auch sind. Während andere Fernsehmacher noch überlegten, ob sie vielleicht auch etwas mit Twitter oder Facebook machen könnten, bespielte Böhmermann die digitalen Kanäle inbrünstig und gekonnt. Kam ein Verweis auf die schwache Quote, verwies er auf hohe Downloadzahlen.

Royale

Anfang Februar folgte sein Neustart mit dem "Neo Magazin Royale", das donnerstags auf ZDFneo (22.15 Uhr) und freitags auf ZDF (0.00 Uhr) laufen wird.

Böhmermanns #Varoufake bleibt ein Thema
epa04154295 German moderator Jan Boehmermann poses for photographs with the award in the 'Entertainment' category before the award ceremony for the Grimme Awards (Grimme-Preis) 2014 in Marl, Germany, 04 April 2014. EPA/HENNING KAISER
Vor allem wird spannend, ob sich die breite ZDF-Seherschaft für ihn erwärmen kann. Bisher reüssierte Böhmermann nämlich vor allem als Liebling der Kritiker: Am Spartenkanal zeigte er quasi unter Laborbedingungen vor einem Mini-Publikum, wohin es führen könnte, wenn man einen wie ihn nur machen ließe. Mit allen Konsequenzen: Böhmermann verunglimpfte Campino, weil er dessen "Live Aid"-Engagement für verlogen hielt, zielte mit seinem Spott aber auf inhaltsleere YouTube-Stars oder posierte als Adolf Hitler.

In seiner Arbeit finden sich stets politische, (sub-)kulturelle und medienspezifische Querverweise – Böhmermann liebt das Intellektuellen-Spiel der Referenzialiät.

Teils mit recht anschaulichen Mitteln. In der Rubrik "Prism is a Dancer" präsentierte er beispielsweise in jeder Folge Netzfundstücke zu den eigenen Studiogästen, die sich vor laufender Kamera anhören mussten, was sie auf Facebook, Twitter oder YouTube für einen Stuss preisgegeben haben. Für die Bloßstellung gibt es nette Geschenke, etwa einen Stoß CDs mit den eigenen Tweets.

Start im Journalismus

Seine Laufbahn begann Böhmermann als Journalist, was sich heute noch bemerkbar macht, wenn er Recherche mit Satire mischt. Als er beim Radio arbeitete, gelang ihm sein erster großer Coup: In der Radiorubrik "Lukas’ Tagebuch" nahm er den Fußballer Lukas Podolski auf den Arm. Das machte er so gut, dass Böhmermanns Zitat aus der Sendung "Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel" heute weitgehend Podolski zugeschrieben wird.

Danach folgten Stationen bei Harald Schmidt, wo er unter anderem mit Klaas Heufer-Umlauf Comedy-Beiträge hart an der Grenze lieferte. Im Vorjahr erhielt der Star der kleinen, aber feinen Zielgruppe den renommierten deutschen Grimme-Preis. Die Jurybegründung: "Was das Medium Fernsehen kann, wenn es nur will und nicht muss, führt kaum einer so kompromisslos vor wie Jan Böhmermann als Gastgeber des ,Neo Magazins‘".

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