André Heller: "Zuschauen, zuhören, zufühlen"

"André Hellers Menschenkinder" starten mit "Conchita Wurst" am 26. Okober (20.15, ORFIII)
ORFIII zeigt ab 26. Oktober neue Folgen von "André Hellers Menschenkinder".

Mit dem Sieg beim Song Contest wurde Conchita Wurst über Nacht zum Symbol für Toleranz und Weltoffenheit. Sie steht nun im Rampenlicht nach einem nicht immer einfachen Leben. Platin-ROMY-Preisträger André Heller stellt sie in den Mittelpunkt der ersten von zwölf neuen Folgen seiner "Menschenkinder"-Reihe (Montag, 20.15, ORFIII). "Wenn jemand eine Figur erfindet, die so gegen den Strich gebürstet ist, sich so bekennt zum Außenseitertum, dann interessiert mich, aus welchem Holz ist der wirklich geschnitzt, oder ist – wenn man mit Conchita redet, wie ich – dann DIE wirklich geschnitzt", sagt Heller. "Gerade bei Conchita Wurst kommt etwas sehr Glaubwürdiges, sehr Interessantes, sehr Mutiges, sehr Verrücktes, sehr Fantasievolles heraus. Sie ist nicht nur als öffentliches Bild jemand wirklich Ungewöhnlicher, sondern in allen Etagen ihres Seins eine wirklich ungewöhnliche Person."

Ausnahmen

André Heller: "Zuschauen, zuhören, zufühlen"
Hellers erfolgreiche "Menschenkinder" sind bis zu 90 Minuten dauernde Monologe "von Ausnahme-Frauen und -Männern, die darin offen ihre Wege und Irrwege, Triumphe und Nöte erzählen". Er selbst gibt den Zuhörer. "Ich bin ein leidenschaftlicher Zuhörer, weil ich so viel gelernt hab’ beim Zuhören. Lernen heißt zuschauen, zuhören, zufühlen, zu Dingen bereit sein, die einem Türen öffnen, die einem Fenster öffnen." Es gebe so viele interessante Menschen auf der Welt, "das sind ganz selten die, die immer in den Medien vorkommen." Die Zeit dazu, müsse man sich nehmen.Heller: "Zeit haben wir unglaublich viel. Wir verwenden sie nur häufig zur Ablenkung anstatt zur Hinlenkung."

Qualtinger

Zeit nehmen sollte man sich schon am Nachmittag. Um 14.20, erinnert André Heller, ebenfalls auf ORFIII, filmisch an seinen Freund, den Schauspieler, Satiriker und Kabarettisten Helmut Qualtinger. "Qualtinger war unter vielem anderen der Chefpsychohygieniker von Österreichs ungewaschener Seele in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Mein Film versucht, diese Biografie mit ihren lichten Höhen und bitteren Verwerfungen sorgfältig zu erzählen", sagte Heller anlässlich der Film-Premiere.

Ein Schlaglicht auf André Hellers Familie, speziell auf seine Mutter, wirft ORFIII am Sonntag (1.11.) mit der Doku "Die Jahrhundertfrau – Elisabeth Heller" um 21.20 Uhr (gleich nach "Menschenkinder" mit Grischka Voss).

Familie

André Heller: "Zuschauen, zuhören, zufühlen"
"Die Jahrhundertfrau - Elisabeth Heller", Als die "beste Gelassenheitslehrerin der Welt" bezeichnete sie ihr Sohn André Heller in einer Weihnachtskarte. Die 97jährige Elisabeth Heller besticht durch eine pragmatische Weltsicht, die ihm so ganz und gar zu fehlen scheint. Elisabeth Hellers Leben offenbart ein Kaleidoskop aus hundert Jahren österreichischer Geschichte: aufgewachsen in "gutem Hause", landverschickt als Kind im 1. Weltkrieg, als betörende Schönheit geheiratet von einem doppelt so alten Mann in der Zwischenkriegszeit. Häusliches Berufsverbot ("eine Heller arbeitet nicht") und das Leben an der Seite eines versponnen-verträumten Zuckerlfabrikanten. Mit der "Arisierung" der familiären Existenzgrundlage und Demütigungen gegen ihren jüdischen Mann erlebt die Katholikin was es heißt, in einer Nazi-Diktatur zu leben. Mit fast 50 probt sie den Aufstand und arbeitet doch: in einem noblen Mode-Atelier. Mit 80 verpfändet sie ihr Haus und ihren Schmuck, denn Sohn Franz, der sich jetzt André nennt, hat eine gute Idee, die er auf die Bühne bringen will. Reflektionen, tiefe Einsichten und vielversprechende Aussichten einer Jahrhundertfrau. Interviews, Dramaturgie und Schnittkonzept: Beate Thalberg Idee und Interviews: Isolde v MersiIm Bild: André Heller, Elisabeth Heller, Wien 2012. SENDUNG: ORF3 - SO - 01.11.2015 - 21:20 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/Walter Reichl Film/Walter Reichl. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
Elisabeth Hellers Leben gleicht einem Kaleidoskop aus hundert Jahren österreichischer Geschichte: im Ersten Weltkrieg landverschickt, in der Nazi-Zeit durch ihre Ehe mit einem versponnen-verträumten Zuckerlfabrikanten von "Arisierung" und Demütigungen gegen ihren jüdischen Mann betroffen. Mit fast 50 probt sie den Aufstand gegen die Konventionen und arbeitet im Mode-Atelier. Mit 80 verpfändet sie Haus und Schmuck, weil Sohn Franz, der sich André nennt, eine gute Idee für die Bühne hat. Nicht umsonst nennt er seine Mutter die "beste Gelassenheitslehrerin der Welt".

Info: Weitere "Menschenkinder"-Folgen in 2015: Asfa-Wossen Asserate, Spross der äthiopischen Kaiserdynastie (11. 11.), die Autoren Wolf Wondratschek (25. 11.) und Josef Winkler (2. 12.), Schauspielerin Elfriede Ott (21. 12.), Energetiker Martin Weber (22. 12.), Schriftsteller Ilija Trojanow (23. 12.).

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