Entwicklungsbank AIIB: Retourkutsche für die USA

Dank der Handelsüberschüsse häuft China riesige Währungsreserven an – bisher mehr als 4000 Milliarden Dollar.
Der Erfolg der chinesischen Weltbank-Konkurrenz ist eine Niederlage für Washington.

Die Nachkriegsordnung, in der die westlichen Wirtschaftsmächte das Sagen hatten, geht zu Ende. Ein Indiz ist der enorme Zuspruch für Chinas neue Entwicklungsbank. Diese soll in Asien Infrastruktur für Energie, Transport,Telekom und Umweltschutz finanzieren. Staaten aus aller Welt stehen Schlange – eine Niederlage für die USA.

Was genau ist die neue Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB)?

Eine Erfindung von Chinas Präsident Xi Jinping. Geplant ist diese als internationale Finanzorganisation, die Details und Strukturen sind noch unklar. Der Sitz wird wohl in Peking sein, der Kapitalstock dürfte 100 Milliarden Dollar ausmachen.

Wer nimmt teil?

Ende März ist die Bewerbungsfrist ausgelaufen. Mindestens 42 Staaten wollen dabei sein, darunter alle großen Europäer. Besonders erstaunlich: Sogar Taiwan hat trotz der historischen Querelen einen Antrag gestellt. Wie die Chinesen, die die Eigenständigkeit der Insel beharrlich leugnen, damit umgehen, ist freilich unklar.

Wie werden die Stimmrechte verteilt sein?

Das ist offen. Das Gründungskapital soll zwar auf Basis der Wirtschaftsleistung berechnet werden. Nicht-asiatischen Ländern dürften in Summe nicht mehr als 25 Prozent eingeräumt werden.

Wer fehlt?

Die USA und Chinas alter Rivale Japan sind nicht vertreten. Die Amerikaner sind besonders düpiert: Sie konnten nicht verhindern, dass enge Verbündete wie die Briten zu AIIB-Gründungsmitgliedern werden. Am Montag kündigte US-Finanzminister Jacob Lew in Peking an, zumindest eine Kooperation anzustreben.

Hätten die USA die AIIB verhindern können?

Die USA haben es sich großteils selbst zuzuschreiben. In der Weltbank und im Internationalen Währungsfonds (IWF) verhindern sie seit Jahren, dass Schwellenländer jene Stimmrechte erhalten, die ihnen aufgrund ihres Wirtschaftsgewichtes zustünden. "Die Europäer verstecken sich gerne hinter der US-Blockade, aber auch sie haben nur minimale Zugeständnisse gemacht", kritisiert Kurt Bayer, ehemals Direktor in der Weltbank und Osteuropabank EBRD. Jetzt gründen die Ausgegrenzten ihre eigenen Konkurrenz-Institutionen wie die AIIB oder BRICS-Bank (mit Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika).

Welche Interessen verfolgt Peking mit der AIIB?

China verfolgt seine strategischen Ziele konsequent. Zuvor hatte der Zugriff auf Rohstoffe in Afrika und Lateinamerika Priorität, jetzt gehe es darum, die Handelswege abzusichern, so Bayer. Darauf zielen die "Seidenstraßen-Projekte" ab, mit denen China die Verbindungen auf dem Land- und Seeweg zu 65 Ländern in Europa, Afrika und Asien verbessern will. Das erklärt auch das chinesische Interesse an Häfen wie im griechischen Piräus oder slowenischen Koper.

Ist noch Platz für eine neue Entwicklungsbank?

Die AIIB wird der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), die die USA und Japan dominieren, da und dort ins Gehege kommen. Asiens Infrastrukturbedarf sei aber so gewaltig, dass Platz für alle ist, sagt Bayer. Die ADB hat den Investitionsbedarf im laufenden Jahrzehnt mit 8000 Mrd. Dollar beziffert, davon 68 Prozent für Neuprojekte.

Ist das Gerede von der "neuen Weltordnung" nicht maßlos übertrieben?

Da ist schon was Wahres dran. IWF, Weltbank und die Handelsorganisation GATT bzw. WTO entstanden in den 1940ern, um globale Spielregeln festzulegen. Jetzt zerbröseln diese. Es bilden sich regionale Zentren heraus oder Länder handeln untereinander Abkommen aus (wie TTIP). Bayer sieht die Entwicklung kritisch: "Die Stärkeren setzen sich durch, Schwächere bleiben auf der Strecke."

Was bringt Österreich die AIIB-Teilnahme?

Österreich will unter den Gründungsmitgliedern sein, um an den Statuten mitarbeiten zu können, heißt es aus dem Finanzministerium. "Nur wer Mitglied ist, kann bei Auftragsvergaben mitbieten", sagt Bayer. Für Österreichs Infrastrukturunternehmen könnten sich neue Geschäftsfelder erschließen.

Hätte Wien Chancen als AIIB-Osteuropa-Standort?

"Es wäre keine blöde Idee, die Osteuropa-Expertise als Alleinstellungsmerkmal in die Waagschale zu werfen", sagt Bayer. Die Weltbank betreut schon von Wien aus ihr Osteuropa-Netzwerk. Jüngst ist der Standort jedoch auf den Prüfstand geraten, weil Österreich mit den Hypo-Gläubigern auch die Weltbank "rasiert" hat. Im Finanzministerium gibt man Entwarnung: Die Rechtsstreitigkeiten würden die "ausgezeichneten Verbindungen" zur Weltbank nicht beschädigen.

Aus Österreich gibt es weniger Finanzierungen für Projekte

Die Oesterreichischen Entwicklungsbank (OeEB), eine 100-Prozent-Tochter der Oesterreichischen Kontrollbank, hat im Vorjahr insgesamt 37 Projekte mit 203,9 Mio. Euro mitfinanziert. Im Jahr davor waren es noch 39 Projekte (222,4 Mio. Euro), 2012 wurden 23 Entwicklungsprojekte (240 Mio. Euro) unterstützt. Als Spezialinstitut finanziert sie private Investitionsvorhaben in Entwicklungs- und Schwellenländern, die wirtschaftlich und entwicklungspolitisch sinnvoll sein müssen.
„Es gibt keine Budgetkürzungen“, heißt es seitens der OeEB zum KURIER. Die unterschiedlichen Volumina seien auf Verschiebungen bei Projekten zurückzuführen. Zudem sei das Volumen nicht der einzige Parameter; vielmehr liege nun der Fokus auf kleineren Projekten. Heuer soll das Volumen über dem des Vorjahres liegen. „Unsere spezifische Expertise liegt auf erneuerbaren Energien, auf effizientem Einsatz von Ressourcen und auf dem Aufbau von Klein- und Mittelbetrieben“, erklärt die OeEB. - klee

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