Teilzeit steigt stark: "Vollzeitbeschäftigte gehen in Pension"

Teilzeit steigt stark: "Vollzeitbeschäftigte gehen in Pension"
Arbeitsmarktreport: Stundenreduktion und Flexibilisierung der Arbeitszeiten bei Stelleninseraten das Maß aller Dinge.

Stundenreduktion und Flexibilisierung der Arbeitszeit sind die bestimmenden Themen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Wie der aktuelle Arbeitsmarktreport von Österreichs größter Jobplattform karriere.at zeigt, setzt sich der Trend zur Teilzeitbeschäftigung ungebrochen fort.

So sank der Anteil an ausgeschriebenen Vollzeitstellen zwischen 2021 und 2023 von 82 auf 76 Prozent, während die Teilzeitstellen im selben Zeitraum von 10 auf 15 Prozent stiegen. Außerdem stieg der Anteil an Inseraten mit dem Hinweis „Vollzeit oder Teilzeit möglich“ um einen weiteren Prozentpunkt.  Die Möglichkeit, in Vollzeit oder Teilzeit zu arbeiten, gab es in 11 Prozent der ausgeschriebenen Stellen.

karriere.at-Chef: "Teilzeit beschleunigt sich"

"Wir bemerken eine weitere Beschleunigung der Teilzeit. Dahinter verbirgt sich der generelle Trend zu flexibleren Arbeitszeiten", erläutert karriere.at-Chef Georg Konjovic dem KURIER. Abgesehen von Betreuungspflichten gebe es bei der jüngeren Generation eine immer größere Gruppe, die sich mit den klassischen Vollzeit-Modellen nicht mehr identifizieren könne. "Wir wissen aus Umfragen, dass etwa 30 Prozent der unter 30-Jährigen auch bereit sind, kürzer zu arbeiten, wenn sie dadurch weniger verdienen", berichtet Konjovic. 

Teilzeit steigt stark: "Vollzeitbeschäftigte gehen in Pension"

Georg Konjovic, karriere.at-Chef

Der Schluss, dass die junge Generation weniger strebsam sei, könne daraus aber nicht gezogen werden. "Sie wollen ebenso berufliche Ziele erreichen, stellen aber die 40-Stunden-Woche infrage und haben eine flexiblere Wahrnehmung, was Arbeit eigentlich ist". Anders formuliert: "Die Vollzeitbeschäftigten werden in Pension gehen". 

Unternehmen müssen Voll- und Teilzeit zur Wahl stellen

Unternehmen müssten bei ihren Stelleninseraten darauf reagieren und diverse Angebote flexibler Arbeitszeiten - Vollzeit, Teilzeit auch in Kombination mit Homeoffice - anbieten. 

Pharma, Gesundheit, Soziales größter Teilzeitanteil bei Inseraten

Im Vergleich der Berufsfelder zeigt sich der höchste Teilzeitanteil bei den Stelleninseraten - wenig verwunderlich - bei den typischen Frauenbranchen Gesundheit und Soziales, aber auch im Bereich Assistenz und Verwaltung sowie Coaching/Training. Der von Teilzeit dominierte Einzelhandel kommt in dieser Aufstellung nicht vor. "Arbeitgeber im Gesundheits- und Sozialbereich sind überdurchschnittlich flexibel in Bezug auf die Arbeitszeit", sagt Konjovic. "Sie sprechen in Stelleninseraten gezielt Menschen an, die weniger als 38 Stunden pro Woche arbeiten können oder wollen".

Berufsfelder mit dem größten Anteil an Vollzeitstellen sind Management- (94 Prozent) und Technik-Berufe (84 Prozent). Im Bundesländervergleich lag Wien mit 28 Prozent Teilzeitanteil bei den offenen Stellen voran, gefolgt von Oberösterreich mit 22 Prozent. Dass in den traditionell männlich geprägten Berufsfeldern vorwiegend Vollzeitstellen ausgeschrieben werden, dürfte sich in den kommenden Jahren ändern, glaubt Konjovic. "Auch junge Väter wollen mehr Zeit zmit der Familie verbringen." 

Fachkräftemangel wird weiter zunehmen

Wegen der demografischen Entwicklung - Generation "Babyboomer" geht in Pension - dürfte trotz aktueller Konjunkturdelle der Fachkräftemangel in den nächsten Jahren weiter zunehmen, so der Experte. Unternehmen sollten daher die Zeit jetzt nutzen und sich gezielt nach Personal umsehen. Bei einem Aufschwung sei der Arbeitsmarkt nämlich wieder rasch leer gefegt. Dass zunehmende Digitalisierung und Automatisierung den Fachkräftemangel lindern werde, glaubt Konjovic nicht. "Das ist ein langfristiger Trend, da denken wir in Jahrzehnten, nicht Jahren."

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