Arbeitslose Akademiker: Welche Jobs durch KI bedroht sind

Arbeitslose Akademiker: Welche Jobs durch KI bedroht sind
Ende Jänner waren fast 27.000 Akademiker/innen auf Jobsuche. Die Hintergründe und wie Betroffene sich jetzt weiterbilden.

Was ist da los? Die Arbeitslosigkeit steigt unter Akademikerinnen und Akademikern derzeit zweimal so stark wie im Durchschnitt. Zu Jahresbeginn waren fast 27.000 von ihnen auf Jobsuche, um 19 Prozent mehr als vor einem Jahr. Darunter mehr als 17.600 Uni-Absolventen.

Die Hälfte des Anstiegs ist auf ukrainische Geflüchtete zurückzuführen, erklärt das AMS. Die andere Hälfte verteilt sich quer über alle Studienrichtungen, mit dem stärkstem Plus bei 25- bis 30-jährigen Berufsanfängern sowie bei den über 45-Jährigen.

„Über 45-Jährige tun sich trotz Fachkräftemangels nach wie vor schwer, wieder zurück in den Arbeitsmarkt zu kommen“, weiß Thomas Wychodil, Leiter des Akademiker_innenzentrums Wien, das im Auftrag des AMS Universitätskurse anbietet. Fast jeder dritte Teilnehmer ist dort über 45. Der Leidensdruck in vielen Betrieben sei offenbar nicht groß genug, dass sie Ältere einstellen, vermutet Wychodil.

Arbeitslose Akademiker: Welche Jobs durch KI bedroht sind

Thomas Wychodil, Akademikerzentrum Wien

Nicht immer liege es aber an den Betrieben. Auch die Betroffenen selbst hätten mitunter falsche Erwartungen und wären Veränderungen gegenüber zu wenig offen. Ein Uni-Abschluss von vor 20 Jahren sei heute veraltet, da würden auch spätere Aus- und Weiterbildungen nicht immer ausreichen. Durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) sei „bei vielen ihre Kernkompetenz weggefallen, da sind größere Veränderungen gefordert“.

Erste KI-Opfer

Derzeit besonders betroffen ist der Kreativbereich und hier vor allem Kommunikationsberufe in der Werbe-, Marketing-, PR- und Medienbranche. „Überall dort, wo durch KI Automatisierung möglich ist, passiert sie auch“, so Wychodil. Als Beispiele nennt er Dolmetsch- und Programmierjobs, wo die Nachfrage rapide abnimmt, weil sie weitgehend durch KI ersetzt werden. „Allein ChatGPT übersetzt aktuell in 85 Sprachen und beherrscht 20 Programmiersprachen“. 

Die KI stehe erst ganz am Anfang, aber man sehe jetzt schon, wie viel Arbeit sie uns abnehmen könne. „Wir sind an einer echten Weggabelung am Arbeitsmarkt“, glaubt Wychodil. Den Menschen werde es zwar immer brauchen, aber mit anderen Aufgaben.

Viele Studienrichtungen seien schon jetzt nicht mehr marktkonform, die Studierenden müssten sich schon während des Studiums mit Nebenjobs oder Praktika job-fit machen. So wie Matthias E. (32), der Wirtschaftswissenschaften an der Uni Wien studierte. Ein eher praxisfernes Studium, wie er meint. Ein Projektmanagement-Kurs soll ihm die Jobsuche erleichtern.

„Green Jobs“

Zu den Bildungsschwerpunkten im Akademikerzentrum zählen derzeit Digitalisierung – vor allem Social-Media-Kompetenzen – sowie Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeitsmanagement. „Die Anforderungen für Betriebe in diesen Bereich steigen, es kommen ständig neue Regelwerke, da gibt es großen Bedarf“, erläutert Wychodil. Die Universitätskurse dauern in der Regel zehn Wochen.

Erhöhten Bedarf an Akademikerjobs sieht der Experte vor allem im öffentlichen Dienst – Verwaltung, Exekutive, Erziehung, Bildung. Hier würden in den nächsten fünf bis zehn Jahren Zehntausende Stellen frei, weil die Baby-Boomer-Generation in Pension gehe. Auch bei Gesundheits-, IT- und technischen Berufen seien die Jobchancen intakt. BWL hingegen sei „bei Weitem nicht mehr so sexy wie vor zehn Jahren“. 

Studieren zahlt sich freilich immer noch aus. Die Arbeitslosenquote unter Akademiker/innen ist mit 3,1 Prozent sehr niedrig, unter jenen mit maximal Pflichtschulabschluss beträgt sie 24 Prozent.

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