Anleihenblase: Auf Staaten rollen höhere Zinsen zu

Anleihenblase: Auf Staaten rollen höhere Zinsen zu
Deutschland zahlt für neue Schulden zehn Mal so viel Zinsen wie im April. Auch für Österreich wird's teurer.

Seit Ausbruch der Krise sind die Zinsen für solide Staatsschuldenpapiere immer tiefer gesunken. Seit Anfang Mai ist es damit vorbei. Hat der Crash bei Staatsanleihen begonnen? Werden die Zinsen jetzt steigen? Der KURIER beantwortet wichtige Fragen.

Wie dramatisch war der Einbruch?
„Es hat schon ganz schön gerumst“, beschreibt Valentin Hofstätter, Analyst der Raiffeisen Bank International, den jüngsten Kursrutsch. Um es spektakulär darzustellen: Seit 20. April haben sich die Zinsen, die Deutschland für neue Schulden mit zehn Jahren Laufzeit zahlen muss, verzehnfacht – von 0,06 auf 0,57 Prozent. Was im historischen Maßstab aber noch immer extrem wenig ist.

Anleihenblase: Auf Staaten rollen höhere Zinsen zu

Kündigt sich so das Platzen der Anleihenblase an?
Die Bewertungen für Anleihen waren bereits so hoch geklettert, dass die Luft für Kursanstiege sehr dünn wurde. Aber ist das eine Blase? Da sind sich die Experten nicht einig. Die Kurskorrektur sei die Folge einer erfreulichen Entwicklung, betont Erste-Analystin Gudrun Egger: Zuletzt haben sich die Wirtschaftsprognosen für die Eurozone deutlich verbessert. Das lässt eine höhere Inflationsrate erwarten – und damit steigende Anleihenrenditen.

Und warum kommt der Kursrutsch gerade jetzt?
Über den Auslöser können die Profis nur spekulieren. Fakt ist: Die Kursrallye der letzten Monate hatte die Europäische Zentralbank losgetreten: Seit 9. März haben die Währungshüter öffentliche Schuldtitel um 108,7 Milliarden Euro erworben. Dieses Thema der EZB-Anleihenkäufe hatte alles andere überdeckt, sagt Michael Rottmann, Leiter der Zinsanalyse bei UniCredit. Jetzt wird genauer hingeschaut – und manche Investoren wollten wohl schlicht Kasse machen.

Kann sich Österreich die Zinsen für die Schulden künftig überhaupt noch leisten?
Größerer Geldbedarf, höhere Finanzierungskosten für die Länder und ihre Hypos, steigende Zinsen: „Das ist nicht lustig“, orakelt der Wiener Steuerexperte Gottfried Schellmann. Allerdings ist das Zinsniveau noch höchst komfortabel (Grafik): Österreich zahlt für zehnjährige Staatsanleihen 0,7 Prozent Zinsen. Zum Vergleich: Im Sommer 2009 wurden 4,9 Prozent verlangt.
Für einen Zinsschock sei der Bund „bestmöglich gewappnet“, betont Martha Oberndorfer, Chefin der Finanzierungsagentur ÖBFA: Die Schulden hätten lange Laufzeiten von durchschnittlich 8,4 Jahren und seien zu 95 Prozent fix verzinst.

Haben die HETA-Konflikte Österreich geschadet?
Der Ruf ist angekratzt: Gerüchte über einen „Käuferstreik“ machen die Runde. Angeblich boykottieren deutsche Investoren wegen des Zahlungsstopps für HETA-Schulden Österreichs Anleihen. Bei den Ländern und landesnahen Unternehmen sei tatsächlich eine Zurückhaltung feststellbar, sagt Hofstätter. Für Bundesanleihen gilt das nicht: Bei der Auktion am 5. Mai habe man keine veränderte Nachfrage aus Deutschland festgestellt, sagt Oberndorfer.

Kurs, Kupon, Rendite: So funktionieren Anleihen

Ein Privater, der Geld braucht, nimmt einen Kredit auf. Staaten und Unternehmen können dazu Anleihen auflegen. Dem Geldgeber werden auch hier fixe Zinsen („Kupon“) und die Rückzahlung am Ende der Laufzeit versprochen. Der Unterschied: Anleihen werden währenddessen gehandelt. Die Kurse können sich somit ständig ändern. Erwartet der Markt beispielsweise höhere Inflation und Zinsen (Zinsrisiko) oder steigt die Gefahr, dass der Schuldner pleitegeht (Ausfallsrisiko), dann fällt der Kurs. Ein Anleger, der diese Anleihe jetzt verkauft, macht also Verluste. Gleichzeitig steigt die Rendite: Für neue Anleihen muss der Schuldner den Geldgebern nun einen höheren Kupon versprechen.

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