EZB

Anleihen-Käufe: Draghi wird auf die Bremse steigen

Europäische Zentralbank wird ihre Anleihenkäufe ab Jänner reduzieren. Leitzinsen werden aber noch lange nicht steigen.

2280 Milliarden Euro – so viel Geld wird die Europäische Zentralbank (EZB) am Jahresende in den Aufkauf von Anleihen gesteckt haben. Mit dieser Riesensumme könnte die EZB locker die Staatsschulden Österreichs schultern, und das gleich mehr als sieben Mal. Eigentlich ist das Kaufprogramm mit Jahresende begrenzt. Schon in der September-Sitzung hat der EZB-Rat unter Präsident Mario Draghi aber Szenarien ausgelotet, wie es mit den Käufen weitergehen könnte.

Das zeigen die Sitzungsprotokolle, die am gestrigen Donnerstag veröffentlicht wurden. Um die Finanzmärkte nicht zu verschrecken, werden die Euro-Währungshüter sehr vorsichtig vorgehen müssen. Experten erwarten, dass die EZB bei ihrer nächsten Sitzung am 26. Oktober einen Plan für den Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik entwerfen wird.

"Ab Jänner werden die Anleihenkäufe schrittweise reduziert werden", sagt Gunter Deuber, Zinsexperte bei der Raiffeisen Bank International (RBI), voraus. Mit Ende 2018 sollte das EZB-Programm dann auslaufen. Mit der enormen Geldflut ist es dann aber noch lange nicht vorbei. Denn das Geld, das die EZB bekommt, wenn Anleihen ablaufen, wird noch lange in weitere Anleihen gesteckt. "Die Verzerrungen bei den langfristigen Zinsen werden noch Jahre bleiben", sagt Deuber. Gut für die Euro-Staaten, die sich auf diese Weise noch länger billig verschulden können.

Bei den Zinsen wird sich dagegen noch länger nichts tun. Laut RBI-Experten Deuber wird der Euro-Leitzins sicher noch mindestens ein Jahr bei 0,0 Prozent bleiben. Erst im Jahr 2019 könnten erste Zinserhöhungen folgen. Leichte Anstiege sagt Deuber für die Euribor-Zinssätze voraus, an denen viele Kredit- und Sparzinssätze hängen. Trotz der leichten Anstiege werden die meisten Euribor-Sätze jedoch auf Sicht eines Jahres im negativen Bereich bleiben.

Tschechien geht voran

Anders als die EZB hat sich die tschechische Nationalbank schon an den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik gewagt. Nach einem ersten Zinsschritt auf 0,25 Prozent könnte im Dezember ein weiterer folgen. In einem Jahr könnte der Leitzins dann bei 1,00 Prozent liegen. Bremsspuren in der Wirtschaft ortet Deuber dadurch keine. Heuer wird Tschechien ein Wirtschaftswachstum von 4,3 und nächstes Jahr von 3,4 Prozent vorausgesagt.

Überhaupt läuft die Konjunktur in Europa derzeit auf breiter Front hervorragend, auch in Österreich. Die Investitionen laufen ebenfalls erfreulich. In guten Zeiten "gibt es leider zu wenig Druck, Strukturreformen durchzuführen", kritisiert Deuber. Im Wettbewerb der Standorte hätten Tschechien, die Slowakei oder Polen immer bessere Karten. In Österreich würde diese Konkurrenz immer noch gerne unterschätzt.

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