Anlegerkrimi Sun Contracting: Aktienkäufe fingiert, Millionen kassiert

Anlegerkrimi Sun Contracting: Aktienkäufe fingiert, Millionen kassiert
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen die drei festgenommenen Finanzjongleure der Green Finance/Sun Contracting-Gruppe. U-Haft beantragt.

Im mutmaßlichen Anlagebetrugsfall Green Finance/Sun Contracting kommen immer mehr Details ans Tageslicht. Wie der KURIER in seiner Dienstag-Ausgabe berichtete, kam es am Montag zu Hausdurchsuchungen und zur Festnahme der angeblichen Drahtzieher Christian S., Martin H. und Michael K. Ihnen wird u. a. vorgeworfen, die GW Energie Holding GmbH samt 125 Photovoltaikanlagen in Österreich und Liechtenstein um einen Euro gekauft zu haben und diese am selben Tag um sechs Millionen Euro an die Sun Contracting AG weiterverkauft zu haben. Den Verkaufserlös in Höhe von sechs Millionen Euro minus ein Euro soll das Trio zu gleichen Teilen eingestreift haben.

„Den Beschuldigten war anlässlich des Vertragsabschlusses am 5. September 2018 bewusst, dass die Bezahlung dieser Verbindlichkeit der Sun Contracting AG in Höhe von sechs Millionen Euro vom Erfolg der Geschäftsvermittler abhing“, heißt es in der Festnahmeanordnung. „Denn nur durch das Lukrieren von genügend Anlegergeldern konnte der Betrag von sechs Millionen Euro bezahlt werden.“

Vorwürfe bestritten

Martin H., Michael K., und Christian S. sollen gewusst haben, „dass sie ihre Befugnis, über das Vermögen der Sun Contracting AG zu verfügen, fehlgebrauchten und sie sollen es für ernstlich möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, dass der Gesellschaft dadurch ein Schaden in Höhe von 5.999.999 Euro entstand“.

Die GW Energie Holding wurde später in Sun Contracting Austria GmbH umbenannt. Ihre Mutter ist die Sun Contracting AG in Liechtenstein. Über beide Gesellschaften wurden Insolvenzverfahren eröffnet. Dem Vernehmen nach bestreiten die Beschuldigten die Vorwürfe. Johannes Zink, Anwalt von Christian S., sagte am Montag zum KURIER: „Die Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage.“

WKStA-Sprecher Martin Ortner bestätigte, dass noch am Dienstag U-Haft für das Trio beantragt wurde.

Dubiose Deals

Ende 2021 sollen die Green Finance/Sun Contracting-Zampanos wegen Bilanzierungsproblemen beschlossen haben, auch Aktien der Sun Contracting um 6 Euro an Kleinanleger zu verkaufen. Zuvor waren 9 Millionen Aktien an die Sun Contracting für einen Cent pro „Wertpapier“ verkauft worden, um Kunden überhaupt erst Aktien anbieten zu können. Den Vertrieb der Aktien übernahm die OMIT AG.

„Zusätzlich wurde die OMIT AG jedoch von Martin H., Michael K. und Christian S. als Vehikel dafür missbraucht, um den Tatplan (…) umzusetzen und vereinnahmte Kundengelder aus den Aktienverkäufen im Ausmaß von 25 Prozent an die „alten Aktionäre abfließen zu lassen“, behauptet die WKStA. Aber das Gesamtausmaß dieser Vermögensabflüsse über OMIT soll noch nicht ausermittelt sein.

Jedenfalls bis 4. August 2023 sollen Aktien in Höhe von 9,5 Millionen Schweizer Franken an Kleinanleger verkauft worden sein. Laut WKStA sollen zumindest weitere 1,432 Millionen Euro an fünf Sun-Contracting-Macher abgeflossen ein.

„Um einen Rechtsgrund für die Vermögensabflüsse zu fingieren, erstellten die Beschuldigten in den Jahren 2023 und 2024 eine Reihe von Aktienkaufverträgen, datierten diese auf Oktober 2022 zurück und griffen dabei auf das altbewährte Konzept zurück, sich selbst zwischenzuschalten und teurer weiterzuverkaufen – in zwei Tranchen zu 1,25 Euro bis 1,70 sowie 2,50 bis 3,40 Euro je Aktie“, so die WKStA. „Durch den von den Beschuldigten fingierten Aktienkaufvertrag mit der OMIT AG kaufte die Sun Contracting die bereits in ihrem Besitz befindlichen Aktien ein zweites Mal.“

Hochriskante Nachrang-Darlehen

Wie aus einer Anzeige des Anlegeranwalts Jörg Zarbl für das Ehepaar R. hervorgeht, sprach Green Finance/Sun Contracting vor allem Hunderte Sparer an, die Lebensversicherungen abgeschlossen hatten. Die Berater teilten diesen mit, „dass es sich dabei um eine denkbar schlechte Veranlagung handelt“.

„Es wäre daher für die Vermögensvorsorge ratsam, die Versicherungen so rasch wie möglich zu kündigen und ein sicheres Investment bei Green Finance vorzunehmen und dabei eine Rendite mit einer fixen Verzinsung von drei Prozent und ab 2026 von acht Prozent zu erwirtschaften“, heißt es in der Anzeige. Ein besseres Produkt seien die „Euro Bonds“ von Sun Contracting. „Das Risiko würde in etwa dem Risiko eines Bausparvertrages entsprechen“, wurde laut Anzeige behauptet. "Es werde bei dieser Veranlagung in die Sonne investiert, wobei die Sonnentage immer mehr werden und man mit jedem Sonnenaufgang Geld verdienen würde es werde."

Das Ehepaar R. stieg bei den Lebensversicherungen aus und bei Sun Contracting ein „im Vertrauen auf die Angaben der Berater, dass sie in ein absolut sicher dargestelltes Veranlagungsmodell investieren“. Nicht wissend, dass es sich um ein hochriskantes Nachrangdarlehen handelt. Nicht wissend, dass etwa 25 Prozent an Vertriebsprovisionen abfließen. Das Ehepaar R. hat rund 60.000 Euro Schaden erlitten.

Kommentare