Anleger freut’s: Konzerne kaufen mehr eigene Aktien denn je

Rückkäufe treiben die Kurse hoch. Kritiker sehen aber die Wachstumschancen der Unternehmen gefährdet.

Wohin mit dem Geld? Vor diesem Problem stünde jeder gern. Für viele Unternehmen ist die Frage aber tatsächlich heikel. Vor allem US-Konzerne haben Geldreserven in Rekordhöhe aufgehäuft: Laut Moody’s sitzen sie auf flüssigen Mitteln in Höhe von umgerechnet 1600 Milliarden Euro. Diese mit Gewinn anzulegen ist momentan aber schwierig und riskant.

Deshalb greifen viele Manager dort zu, wo sie sich sicher fühlen: Sie kaufen Aktien des eigenen Unternehmens zurück. Wenn der Kurs niedrig liegt, ist das ein gutes Investment. Weil dann weniger Papiere auf dem Markt sind, steigen der Gewinn pro Aktie und der Kurs – das freut die Aktionäre.

Besonders in den USA, aber auch in Japan seien die Rückkäufe sehr ausgeprägt. Deshalb sollten diese Aktienmärkte nicht abgeschrieben werden, auch wenn europäische Papiere derzeit mehr Potenzial aufzuweisen hätten, sagte Gérard Piasko, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank, am Montag vor Journalisten in Wien: „In Europa hat diese aktionärsfreundliche Politik noch nicht die gleiche Tradition wie in den USA, sie nimmt aber zu.“

Hunderte Milliarden

Bis Ende April hatten US-Börsenkonzerne Rückkäufe im Wert von fast 340 Milliarden Dollar angekündigt. Getrieben wird der Trend von aktivistischen Großanlegern wie Carl Icahn, der den IT-Giganten Apple seit Monaten zu höheren Dividendenausschüttungen und Rückkäufen drängt – mit Erfolg.

„So viele Aktienrückkäufe wie heuer gab es noch nie“, sagt Helge Rechberger, Aktien-Experte der Raiffeisen Bank International. Er geht davon aus, dass sich dieser Trend sogar noch verstärken werde. „Unternehmen, die auf Cash sitzen, haben wenige Alternativen“, sagt er. Investieren wollen sie wegen fehlender Nachfrage nicht. Günstige Zukäufe gebe es nur in wenigen Branchen und Zinsen für das Geld fehlten auch. Daher fließe das Cash zu den Aktionären. „Aber natürlich ist das leider keine Perspektive für die Realwirtschaft“, bedauert Rechberger, der deshalb ein anhaltend schwaches Wirtschaftswachstum erwartet.

Hören Unternehmen auf zu investieren, dann verspielen sie ihre künftigen Wachstumschancen. Deshalb regt sich in den USA Widerstand gegen die allzu kurzsichtige Aktienkurspflege. Mitte Mai warnten vier große US-Pensionsfonds den Fastfood-Riesen McDonald’s vor „aggressiven“ Rückkäufen: „Wenn Unternehmen 95 Prozente der Gewinne an die Aktionäre ausschütten, fragen wir uns, ob sie noch genug reinvestieren, um langfristig Profite zu erwirtschaften.“

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