Angst vor Armut im Alter wächst

Walter Riester: Der deutsche Ex-Arbeitsminister gab dem Zusatzrenten-Modell "Riester-Rente seinen Namen
Der Staatszuschuss steigt weiter, das Pensionsniveau sinkt trotzdem.

Die Hälfte der Österreicher verbindet mit dem Thema Pension den Begriff "Geldsorgen". Drei Viertel der 25- bis 45-jährigen Berufstätigen befürchten, im Alter den gewohnten Lebensstandard nicht halten zu können. Die Umfrage, die die ARGE Zusatzpensionen am Dienstag veröffentlichte, drückt eine zentrale Angst vieler Österreicher aus: Die Angst vor Armut im Alter.

Zum dritten Mal hat die ARGE Zusatzpensionen Experten und die Sozialsprecher aller Parteien zu einer Enquete ins Parlament eingeladen. Ihr Anliegen: Private Altersvorsorge, die in Österreich ein Mauerblümchendasein fristet, muss auf der politischen Agenda nach vorne rücken, und zwar mit sinnvollen Förderungen. Denn der staatliche Zuschuss zum ASVG-Pensionssystem, der jetzt schon zehn Milliarden Euro im Jahr ausmache, werde weiter steigen. Und das Pensionsniveau – also jener Prozentsatz vom Einkommen, den man als Pension erhält – wird trotzdem sinken. Ohne private Vorsorge also drohe der Lebensstandard im Alter deutlich zu fallen, sagt Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbands der Pensionskassen.

Ein Modell zur Förderung der privaten Pensionsvorsorge ist die deutsche Riester-Rente (Erklärung siehe Kasten rechts). Der "Erfinder", Deutschlands ehemaliger Arbeitsminister Walter Riester, nahm auf Einladung der ARGE Zusatzpension an der Enquete teil. Mit dem KURIER sprach Riester über

Geldsorgen im Alter: Das staatliche Pensionssystem in Deutschland, aber auch in Österreich braucht immer mehr öffentliche Zuschüsse. In Deutschland sind es schon 87 Milliarden Euro im Jahr, in Österreich zehn Milliarden. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass es immer Wirtschaftswachstum gibt und sich die Staaten das leisten können. Daher ist die Sorge berechtigt. In Deutschland sogar noch mehr als hierzulande, denn wir haben keine Vorsorge für Selbstständige.

Mängel im staatlichen Pensionssystem: Die Zahl der Teilzeitarbeitskräfte und der Niedriglohnsektor wachsen. Diese Menschen bekommen aus dem öffentlichen Pensionssystem wenig heraus. Politisch ist das Thema Pensionen vor allem emotions- und wenig faktenbesetzt. Für einen Wahlkampf ist es daher völlig ungeeignet.

Private Vorsorge:Ein Ausbau dieser zusätzlichen Säule für die Pension ist die einzige Möglichkeit, den Lebensstandard im Alter abzusichern. Wesentlich dabei ist aber, dass auch schlecht verdienende Menschen eine Chance auf privates Ansparen haben. Mit der Riester-Rente ist das in Deutschland gelungen.

Staatliche Förderung: Für die Riester Rente gibt der Staat rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr aus. Das ist minimal im Vergleich zu dem, was der Staat für dieselbe Pensionshöhe hätte ausgeben müssen.

Kritik an der Riester-Rente: Seit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die Riester-Rente als gescheitert bezeichnet hat, wird das häufig so geschrieben. Aber: 16,5 Millionen der 32 Millionen unselbstständig Beschäftigten in Deutschland sparen mit der Riester-Rente fürs Alter an. Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, die zum Beispiel nur 10.000 Euro im Jahr verdient, braucht nur 60 Euro im Jahr einzahlen und kommt mit der Förderung auf 804 Euro Ansparvolumen für die private Pension im Jahr. Gutverdiener können die Riester-Sparpläne von der Einkommensteuer absetzen. Ich sehe nicht, was da gescheitert sein könnte.

Wenig Rendite, hohe Kosten:Natürlich bringt die Niedrigzinsphase den Pensions-Ansparplänen wenig Ertrag. Aber die Vorsorge fürs Alter ist ja keine kurzfristige Sache. Das muss man über viele Jahre sehen. Und da werden die Zinsen auch wieder steigen. Die Kosten für die Veranlagungsprodukte sind in den meisten Fällen nicht so hoch, dass kein Ertrag übrig bleibt.

Bevölkerungswachstum: Zuzug oder mehr Kinder sind überschätzte Themen in der Altersvorsorge. Wenn es dadurch zu mehr Einzahlungen ins staatliche System kommt, werden die Pensionen erhöht. Langfristig ist nicht mehr Geld im System.

Zusatzpension

Deutschland hat 2002 auf Betreiben des damaligen Arbeitsministers Walter Riester eine Förderung für private Altersvorsorge eingeführt. Das Modell wurde als Riester-Rente bekannt. 16,5 Millionen Deutsche sparen in dieser Form an, um im Alter eine zusätzliche Pension zu bekommen. Wegen der niedrigen Erträge ist zuletzt viel Kritik an dem Modell laut geworden.

Förderung

23 Milliarden Euro hat der deutsche Staat seit 2002 an Förderungen dafür bezahlt. Besonders stark gefördert werden Einkommensschwache: Sie bekommen 300 Euro im Jahr pro Kind plus 154 Euro pro Erwachsenem. Besserverdiener können die Riester-Einzahlung von der Steuer absetzen. Ansparen kann man in Versicherungen, Fonds, Sparbuch oder Kauf einer Wohnung fürs Alter.

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