AMS-Wien-Chefin: "Müssen Arbeitslose wieder aktivieren"

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AMS-Wien-Chefin Petra Draxl
Petra Draxl zur Personalnot im Tourismus, strengeren Sanktionen und zu hohen Ansprüchen der Betriebe
AMS-Wien-Chefin Petra Draxl
Die Gäste kommen wieder, die Mitarbeiter nicht. Der Tourismus steckt in einer tiefen Personalkrise. Kritik gibt es auch an der AMS-Vermittlung. Der KURIER befragte AMS-Wien-Chefin Petra Draxl zur aktuellen Lage.
KURIER: Wirte klagen, sie können sonntags nicht aufsperren, weil sie zuwenig Personal haben und auch vom AMS keines bekommen. Was läuft da schief?
Petra Draxl: Zunächst wäre ich froh, wenn die Arbeitsmarktlage so positiv bliebe und die Arbeitskräfte weiter so gefragt sind. Das könnte sich angesichts des Ukraine-Krieges rasch ändern, dann hätten plötzlich wieder alle genug Personal. Zur Frage: Es kommen mehrere Faktoren zusammen. Erstens gibt es nach Auslaufen der Corona-Beschränkungen eine erhöhte Personalnachfrage, zweitens haben sehr viele Beschäftigte die Branche gewechselt, und drittens kommt weniger Nachschub aus dem Ausland. Es gibt daher einen großen Wunsch nach rascher Arbeitsaufnahme von Ukrainerinnen und Ukrainern. Gleichzeitig braucht es wieder eine stärkere Aktivierung der Arbeitslosen, das geb’ ich schon zu.
Betriebe klagen, Arbeitslose kommen oft gar nicht zu Bewerbungsgesprächen?
Die Show-up-Rate, also dass Arbeitslose nicht zu Terminen oder Kursen erscheinen, hat durch Corona gelitten. Es waren weniger persönliche Kontakte mit dem AMS möglich, da hat sicher ein Rückzug stattgefunden. Wir müssen diese Personen jetzt wieder aktivieren. Da sind wir massiv dran.
War das AMS mit den Sanktionen zu nachsichtig?
Spannende Frage. Zu sanktionieren klingt einfacher, als es ist. Sanktionen müssen gut argumentiert sein, wir haben strikte Regeln. Im Zuge der Reform des Arbeitslosengeldes sind jetzt kürzere Sanktionszeiten im Gespräch, also dass das Arbeitslosengeld nicht gleich für 4 bis 6 Wochen gesperrt wird, sondern zunächst für 14 Tage. Damit könnte man rascher reagieren und sanktionieren.
Wien hat die höchste Arbeitslosenrate. Warum wird so wenig in andere Bundesländer vermittelt?
Die Vermittlung ist coronabedingt etwas eingeschlafen, das ist richtig. Wegen der Einschränkungen konnten wir die Arbeitssuchenden auch nicht zu den Betrieben schicken. Wir starten jetzt aber wieder mit diversen Projekten.
Sind die Betriebe bei der Suche zu wählerisch?
Sie haben bestimmte Bilder im Kopf, suchen eingeschränkt und schöpfen daher nur aus einem sehr kleinen Pool an Arbeitslosen. Da müssen sie umdenken und etwa auch Ältere oder Asylberechtigte einstellen.
Wie viele ukrainische Kriegsflüchtlinge wurden schon vermittelt?
Wir haben in Wien 248 Beschäftigungsbewilligungen ausgestellt, österreichweit sind es gut 1.700. Aktuell sind 884 vorgemerkt, 700 davon Frauen.
Finden Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan jetzt schwerer einen Job?
Sie sind die weit größere Gruppe als die Ukrainer, aber um die jungen arabischen Männer herrscht nicht gerade ein Gerangel. Für sie ist es einfach aufgrund des kulturellen Kontextes schwieriger als für Ukrainer. Ich vermisse auch Job-Initiativen von Tourismusbetrieben, die sich etwa eine Gruppe syrischer Burschen für ein Projekt holen, sie ausbildet, integriert und versucht, sie längerfristig zu behalten.
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