Mit der ersten Zinsanhebung seit 17 Jahren ist die Bank von Japan (BoJ) die letzte der großen Zentralbanken der Welt, die sich von der Politik negativer Leitzinsen verabschiedet. Das Ziel, eine stabile Inflation von zwei Prozent zu erreichen, sei in Sicht, erklärte die BoJ.
Seit dem wirtschaftlichen Crash Anfang der 1990er-Jahre gab es eine Niedrigzinspolitik, um die Wirtschaft zu stützen und Inflation zu vermeiden.
„Die Zinswende hat Japan erreicht. Vor 20 Jahren waren 0,6 Prozent der höchste Leitzinssatz“, sagt Schoellerbank-Fondsmanager Akhil Dhawan. „Seit dem Vorjahr war die um Energiepreise bereinigte Inflation höher als drei Prozent. Das ist für japanische Verhältnisse ordentlich hoch und sie konnte bisher nicht eingefangen werden.“
Kein Vergleich mit USA und Europa
Nun also eine erste, sanfte Zinserhöhung. Normalerweise hat dies zur Folge, dass Aktienkurse leiden, weil Kredite für Unternehmen teurer werden. In diesem Fall aber nicht. Der Tokioter Leitindex Nikkei 225 hat schon davor ein 35 Jahre altes Rekordhoch geknackt und zeigte sich dann auch von dem Zinsschritt nicht beeindruckt.
Wohl auch, „weil es keinesfalls eine Erhöhung wie in den USA oder in der Eurozone geben wird“, wie Dhawan im KURIER-Gespräch erklärt. „Weil das würde durch die hohe Verschuldung den Staatshaushalt bedrohen.“ Der Markt gehe aktuell von einem Leitzinssatz von nur 0,525 Prozent bis zum Jahresende aus.
Wachstum und Rezession
Die Wirtschaft des Landes ist im Vorjahr für japanische Verhältnisse mit 1,9 Prozent relativ stark gewachsen. Allerdings ist dieser gute Wert nur auf das erste Halbjahr zurückzuführen, seit dem zweiten Halbjahr befindet sich die Wirtschaft in einer Rezession und das dürfte auch zumindest im ersten Quartal dieses Jahres so bleiben.
Japanische Aktien hingegen befinden sich seit Anfang 2023 auf einem Höhenflug. Dies hat mehrere Gründe. „Japans Unternehmen sind exportfreudig. Es hat beachtliche Gewinnrevisionen nach oben gegeben“, sagt Dhawan.
„Das Nettoergebnis japanischer Aktien übertraf im Vorjahr die durchschnittliche Erwartung der Analysten um 6,2 Prozent“, ergänzt Aneeka Gupta, Ökonomin bei der britischen Investmentgesellschaft Wisdom Tree.
Als weiteren Grund nennt Dhawan eine veränderte gesetzliche Corporate Governance. So habe in den Führungsetagen jüngeres Blut Einzug gehalten und die Berichterstattung an die Aktionäre sei ausführlicher geworden. Und drittens hätten Japans Unternehmen eine sehr aktionärsfreundliche Politik, weil sie regelmäßig Dividenden ausschütten und Aktien rückkaufen.
Dhawan sieht bei den Aktienkursen noch weiteres Potenzial nach oben, weil die Unternehmen noch immer günstig bewertet sind, etwa im Vergleich zum US-Markt, und eine deutlich geringere Verschuldung aufweisen würden. Auch Gupta ist zuversichtlich, weil Investitionen und Löhne im Land wachsen würden.
Die allerdings schlechte Nachricht: Der Yen hat zur Unterstützung der Exporte massiv abgewertet, zum Euro etwa um 15 Prozent. „Der schwache Yen hat für ausländische Anleger sämtliche Kursgewinne wettgemacht“, bedauert Dhawan.
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