AK-Präsidentin zur Budgetsanierung: "Es wird nicht nur mit Sparen gehen"
Die nächste Regierung will Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl am ausverhandelten Gesamtpaket beurteilen, sagte sie am Sonntag in der Pressestunde des ORF. Gute Ideen könne sie auf allen Seiten erkennen.
An erster Stelle müssten Reformen des Arbeitsmarkts stehen. Das Budgetdefizit, das nach Berechnungen des Fiskalrats heuer 3,9 und im nächsten Jahr 4,1 Prozent betragen soll, bezeichnete sie als "erschreckend". Maßnahmen zur Konsolidierung würden aber nicht nur mit Sparen gehen.
Anderl brachte vermögensbezogene Steuern ins Spiel und kritisierte die Reduzierung der Körperschaftssteuer von 25 auf 23 Prozent und die Abschaffung der kalten Progression ohne Gegenleistung. Das habe viel Geld gekostet, jetzt müsse saniert werden. Die Maßnahmen dürften aber nicht zulasten der Arbeitnehmer gehen, sagte Anderl.
Die AK-Präsidentin schlug etwa ein Vorziehen von Abschreibungen vor und sprach sich für eine Aufstockung des AMS-Budgets für Weiterbildung und Qualifizierung aus. Dann gebe es auch wieder mehr Beschäftigung und höhere Steuereinnahmen. Die AK hatte in der vergangenen Woche ein Beschäftigungspaket vorgestellt, das unter anderem eine Qualifizierungsoffensive für Fachkräfte und Maßnahmen für eine altersgerechte Arbeitswelt beinhaltet.
Arbeitszeitverkürzung
Auch an Arbeitszeitverkürzungen hielt die AK-Präsidentin fest. Sie sprach sich für eine "gesunde Vollzeit" und weg von der 40-Stunden-Woche aus. Viele Betriebe hätten ohnehin schon eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden. Ziel müssten 35 Stunden sein. Schon heute gebe es viele Menschen, die nicht bis zum Pensionsantritt arbeiten könnten, weil sie krank oder arbeitslos werden, sagte Anderl.
Absage an Lohnnebenkostensenkung
Einer Lohnnebenkostensenkung erteilte Arbeiterkammerpräsidentin Anderl eine Absage. Die seien in den letzten zehn Jahren um 16 Mrd. Euro gesunken. Wer dafür eintrete, sie weiter zu senken, müsse klar aussprechen, welche Leistungen es dann nicht mehr gebe oder wer für sie aufkomme. Denn von den Lohnnebenkosten werde der Familienlastenausgleichsfonds ebenso finanziert wie die Arbeitslosenversicherung oder der Insolvenzentgeldsicherungsfonds.
Ein degressives Arbeitslosengeld, wie es Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) vorgeschlagen hatte, bei dem Arbeitslose am Anfang mehr und später weniger bekommen, könne sie sich vorstellen. Es dürfe aber nicht unter den derzeitigen Satz von 55 Prozent sinken.
Die AK-Präsidentin sprach sich auch dafür aus, künftig die Arbeits- und Wirtschaftsagenden in der Regierung wieder zu trennen: "Das ist ein Punkt, der uns am Herzen liegt."
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