Die Australier mit karibischem Hintergrund wollen den Streubesitz auskaufen und den Flughafen von der Börse nehmen lassen (Delisting). Das ist möglich, wenn es de facto keinen Streubesitz mehr gibt.
Ein Delisting hat für Eigentümer durchaus Vorteile. Notiert die Flughafen-Aktie nicht mehr an der Wiener Börse, wo sie eines der Schwergewichte ist, kann der Fonds die Beteiligung kräftig aufwerten. Das könnten auch die anderen Aktionäre. An der Börse sei die Aktie unterbewertet, meinen Analysten. Außerdem fallen lästige und teure Veröffentlichungspflichten weg.Insider vermuten, dass die Vorstände von IFM auf fette Boni hoffen. Eine Aufwertung verschönert die Bilanz, von der Bonus-Ansprüche der Vorstände (Board) abhängig sein könnten. 2019 gab es jedenfalls heftige Kritik, als Medien berichteten, der damalige CEO würde einen Bonus über 36 Millionen Dollar erhalten. IFM gehört 20 gewerkschaftsnahen Pensionskassen und hat mehr als 100 Milliarden Dollar veranlagt.
Die Konstruktion ist völlig intransparent (siehe Grafik, der KURIER berichtete), laut Angebot hat der Trust auf Cayman das Sagen. De facto aber entscheidet das Board von IFM.
Wien und Niederösterreich wollen den Flughafen an der Börse halten. Der Airport sei ein Blue-Chip-Unternehmen mit großem Wert für die Börse, den Standort Wien und die ganze Ostregion, dementsprechend wichtig sei die Börsennotierung, heißt es bei Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ).
NÖ-Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP) meint dazu: „Der Flughafen ist ein wichtiger Leitbetrieb für die gesamte Ostregion und das Land Niederösterreich. Die Börsennotierung ist eine wichtige Erfolgsgrundlage.“
Der Interessenverband der Anleger (IVA) plädiert ebenfalls für den Verbleib an der Börse. „IFM treibt mit der Delisting-Drohung und dem schwachen Übernahmeangebot ein durchsichtiges Spielchen. Die Aktionäre sollten cool bleiben“, rät IVA-Vorstand Florian Beckermann. Lukrativ sei ein Delisting für den Streubesitz fast nie.
Großkoalitionär austariert
IFM möchte keinen dritten Vorstand, wird betont, wohl aber mehr Aufsichtsräte, das Gremium entspreche nicht mehr einer zeitgemäßen Governance. Derzeit hat IFM nur zwei Kapitalvertreter.
Der Aufsichtsrat ist tatsächlich ein geschlossener großkoalitionärer Klub. Der SPÖ zuzurechnen sind Vorsitzender Ewald Kirschner (Gesiba-Vorstand), Karin Rest (Vorsitzende der Wien Holding), Sonja Steßl, Ex-Staatssekretärin und Vorständin der Wiener Städtischen, sowie Karin Zipperer (VOR Verbund).
Auf einem Ticket von Niederösterreich sitzen die ÖVP-nahe Ex-Raiffeisen-Bankerin Susanne Höllinger, die unter Sebastian Kurz in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG gelangte. Sowie Manfred Pernsteiner, Büroleiter von Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Damit die parteipolitische Tarierung ausgewogen ist, sind beide Kleinaktionärsvertreter ebenfalls der ÖVP zuzurechnen, Münze-Chef Gerhard Starsich und der Ex-Politiker und Unternehmer Herbert Paierl. Alle Aufsichtsräte wurden im Mai neu auf fünf Jahre gewählt, freilich auch mit den Stimmen des IFM.
Für das Management wäre ein Delisting in einem Unternehmen im staatsnahen Umfeld ein Nachteil. Die Politik könnte leichter Einfluss auf die Vorstände nehmen, zwar nicht vom Aktiengesetz her, aber realpolitisch. Unter politischen Vorstandsbesetzungen hat der Flughafen in der Vergangenheit genug gelitten. In Wien und Niederösterreich war die Parteizugehörigkeit der Vorstände viele Jahre lang wichtiger als deren Qualitäten, die Parteipolitik zog sich bis in die unteren Mitarbeiter-Ebenen.
andrea.hodoschek@kurier.at
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