Air Berlin ist finanziell am Boden

Noch müssen die Flieger von Air Berlin nicht am Boden bleiben.
Die schwer angeschlagene Airline kann vorläufig nur dank eines Staatskredits weiterfliegen. Fragen & Antworten zur Insolvenz.

Was sich seit Monaten abzeichnete, wurde Dienstag Mittag Gewissheit. Die deutsche Fluglinie Air Berlin ist pleite. Sie stellte Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Bei angehäuften Schulden in Höhe von einer Milliarde Euro und einem negativen Eigenkapital von 1,5 Milliarden Euro bedeutet das eigentlich das Aus. Doch das wäre mitten in der Hauptreisezeit der Albtraum für 80.000 Kunden, die täglich mit Air Berlin abheben. Und kurz vor den Bundestagswahlen wohl auch eine unangenehme Sache für die deutsche Regierung. Daher gewährt sie ein 150 Millionen-Euro-Darlehen, um den Flugbetrieb für die nächsten Wochen sicherzustellen. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) schloss aber aus, dass der Staat die Schulden übernimmt.

Air Berlin ist finanziell am Boden
Im Folgenden beantwortet der KURIER die wichtigsten Fragen.

Was sind die Gründe für den finanziellen Crash?

Air Berlin ist vor rund zehn Jahren ordentlich in den Steigflug gegangen. Nach dem Börsegang 2006 wurden die Konkurrenten dba und LTU übernommen, später auch die österreichische Niki. Mit der LTU erfolgte der Einstieg in die Langstrecke. Die Eingliederung war jedoch zu aufwendig und mit dem Konzept eines Billigfliegers auch schwer verträglich. Das schnelle Wachstum war kostenintensiv, hinzu kam 2009 die Weltwirtschaftskrise. Es folgten Sparpaket um Sparpaket, schließlich stieg die arabische Etihad ein, die laufend ihre Anteile auf rund 29 Prozent erhöhte.

Warum können die finanzstarken Araber nicht aus der Misere helfen?

Sie könnten schon, wollen aber nicht mehr. Erst im April flossen 250 Mio. Euro an zusätzlichen Mitteln an Air Berlin. Ende April sagten sie weitere 350 Mio. Euro zu, davon hätten in der Vorwoche 50 Millionen überweisen werden sollen. Doch dazu kam es nicht. Das Geschäft der Air Berlin habe sich zuletzt "rapide verschlechtert", begründete Etihad den Schritt. Etihad selbst verbuchte im Vorjahr einen Verlust von 1,6 Mrd. Euro. Rund die Hälfte davon entfiel auf die Beteiligungen an Air Berlin und der überschuldeten Alitalia.

Wie geht es weiter?

Laut Ministerin Zypries reichen die Kreditmittel des Bundes drei Monate. Bis dahin soll ein Verkauf an die Lufthansa und eine weitere Airline erfolgen. Dabei soll es sich laut Berichten um die britische Easyjet handeln, die ja seit kurzem in Wien ihren Geschäftssitz hat. Schon jetzt fliegt ein Teil der Flotte für die Lufthansa-Gruppe (inklusive AUA und Eurowings). Die Lufthansa befindet sich offiziell in Verhandlungen. Ein Knackpunkt sind die hohen Schulden der Air Berlin. Einen weiteren Kredit schloss die Ministerin nicht aus, falls sich der Verkauf verzögert. Eine Übernahme von Teilen der Air Berlin durch die Lufthansa wäre aus Sicht von Alexander Dobrindt (CSU) kartellrechtlich unproblematisch, da es sich nicht um eine Komplettübernahme handle.

Was geschieht mit Niki?

Für die Air Berlin-Tochter wurde kein Insolvenzantrag gestellt. Da sie günstiger als Air Berlin operiert, steht sie wirtschaftlich deutlich besser da. Im Frühjahr wurde sie de facto auf einen reinen Ferienflieger umgestellt. Sie hat zahlreiche Strecken von Deutschland zu Feriendestinationen, u.a. das Aushängeschild Palma de Mallorca, übertragen bekommen. Im Dezember 2016 war der Verkauf an Etihad vereinbart worden. Diese wollte im Anschluss Niki in ein Joint Venture mit TUIfly einbringen. Der zweite Teil des Deals ist geplatzt. Der Abschluss des Niki-Verkaufs an Etihad selbst steht noch unter dem Vorbehalt der behördlichen Genehmigung.

Können weiterhin Flüge mit Air Berlin gebucht werden?

Ja, auch bereits gebuchte Tickets behalten ihre Gültigkeit. Flüge sollen laut Airline nicht ausfallen. Allerdings ist Vorsicht geboten: Geht das Geld aus und es gibt keinen weiteren Zuschuss oder Verkauf, dann sind die Tickets nichts mehr wert. Besser dran sind Kunden einer Pauschalreise oder bei Buchung im Reisebüro. Die Unternehmen sind in der Regel gegen derartige Fälle abgesichert.

Und was ist mit Niki?

Sobald der Verkauf an Etihad über die Bühne ist, sollte die Airline aus den Turbulenzen sein. Allerdings drohen heute, Mittwoch, infolge von Betriebsversammlungen Verspätungen. Die Belegschaft fordert mehr Gehalt.

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