Air-Berlin-Chef: Großaktionär Etihad wollte schon 2016 aussteigen

Thomas Winkelmann.
So sei Thomas Winkelmann schon im November des Vorjahres angeheuert worden, um die restlichen 80 Flugzeuge "in einen sicheren Hafen zu bringen".

Air-Berlin-Großaktionär Etihad wollte die defizitäre Fluggesellschaft nach den Worten ihres Vorstandschefs schon vor einem Jahr loswerden. Er sei im November 2016 angeheuert worden, um die restlichen 80 Flugzeuge innerhalb zwei bis drei Jahren "in einen sicheren Hafen zu bringen", sagte Thomas Winkelmann am Freitag vor dem Luftfahrt-Presse-Club am Münchner Flughafen. "Das war der Auftrag."

Die Vermietung von 38 Maschinen an die Lufthansa und die Integration der österreichischen Niki und TUIfly seien schon vorher verabredet gewesen. "Das kann nur gehen, wenn ihr nicht den Stecker zieht", habe er den Etihad-Managern erklärt, sagte der ehemalige Germanwings-Chef.

Am Tropf der Araber

Die heute insolvente zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft hing nach seinen Worten seit Jahren am Tropf der Araber. "Air Berlin hatte seit zwei Jahren nicht einmal mehr so viel Kredit, um einen VW Polo zu leasen", sagte Winkelmann. Ohne die konstante Geldzufuhr von Etihad wäre das Unternehmen seit Jahren Pleite gewesen. In zehn Jahren habe Air Berlin drei Milliarden Euro Verlust angehäuft, "das sind 25 Millionen im Monat". Als der Großaktionär im August mit einem neuen Management unerwartet die Reißleine zog, musste Air Berlin Insolvenz anmelden. Darauf sei er nicht vorbereitet gewesen, sagte Winkelmann: "Am 10. August hätte ich ihnen kein Wort über das deutsche Insolvenzrecht sagen können."

Winkelmann verwahrte sich gegen den Vorwurf, der Verkauf eines Großteils von Air Berlin an seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Lufthansa, sei ein abgekartetes Spiel gewesen. "Das ist ein öffentlicher Verkaufsprozess, alles transparent." Mit dem Ausgang - vorbehaltlich der Zustimmung der Wettbewerbshüter - zeigte er sich zufrieden: "Wir haben ein Unternehmen, das völlig kaputt war, erstmal gerettet." 80 Prozent der Mitarbeiter hätten die Chance auf einen sicheren Job.

Eine Art "Schneeballsystem"

Dabei hätten die Massen-Krankmeldungen der Piloten in der Insolvenz den zweiten Bieter Easyjet fast abgeschreckt. Ausgerechnet an diesem Tag sei das Easyjet-Management in Berlin gewesen, sagte Winkelmann. "Die sind abgereist. Wir haben sie aber wieder zurückgeholt." Der Kaufpreis für die Strecken sei danach aber implodiert. "Easyjet hat ein echtes Schnäppchen gemacht." Der Billigflieger Ryanair, der sich über das Verkaufsverfahren beschwert hatte, sei dagegen nie ernsthaft interessiert gewesen. "Ryanair hat nicht einen Anruf bei Air Berlin getätigt."

Bei Air Berlin sei es mit dem Börsengang abwärts gegangen, sagte Winkelmann. "Bis dahin hat (Firmengründer) Joachim Hunold alles richtig gemacht. In den Abgrund getrieben hat Air Berlin die ständige Geldbeschaffung seit 2006", etwa über Sale- und Lease-Back-Verträge. Das Geld sei dazu verwendet worden, das Unternehmen mit Zukäufen wie den der LTU immer größer zu machen, ohne sie richtig zu integrieren. "Das war ein bisschen wie ein Schneeballsystem."

Kommentare