Agrarreform mit grünem Mäntelchen

Agrarreform mit grünem Mäntelchen
EU-Staaten einigen sich auf Kompromiss – keine grundlegende Neuausrichtung der Agrarpolitik

Die EU-Agrarminister haben sich auf neue Grundsätze für die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geeinigt. Ziel: Mehr Ökologie in der europäischen Landwirtschaft.

Um wie viel Geld geht es? Im Zeitraum von 2021 bis 2027 beträgt das EU-Agrarbudget 387 Milliarden Euro. In Österreich werden von EU, Bund und Ländern jährlich insgesamt 2,1 Mrd. Euro an Agrarförderungen verteilt.

Was ist neu? Bei den Förderungen pro Hektar (Direktzahlungen) müssen künftig 20 Prozent der Subventionen für ökologische Maßnahmen verwendet werden.

Warum nicht mehr als 20 Prozent? Ein Ziel der EU-Agrarpolitik ist es, die Versorgung der Bevölkerung mit leistbaren Lebensmitteln sicherzustellen. Eine Umverteilung zu mehr Ökologie bedeutet höhere Lebensmittelpreise. In vielen ehemaligen osteuropäischen Staaten sind die Einkommen niedriger als in Österreich.

Welche Ökomaßnahmen könnten kommen? Für die Erhaltung der Biodiversität sind ungenutzte landwirtschaftliche Flächen (Brachflächen) notwendig. Wer Direktzahlungen erhalten will, muss fünf Prozent der Ackerflächen brach liegen lassen.

Warum konnte man sich nicht auf eine Förderobergrenze für Agrarbetriebe einigen? Große Agrarbetriebe können meist billiger produzieren als kleine Einheiten. Für Staaten mit kleinen Agrarbetrieben wie Österreich sind sie die niedrigen Preise der Konkurrenz ein Problem. Einige Mitgliedsländer wollen auf den Wettbewerbsvorteil ihrer großen Agrarbetriebe nicht verzichten.

Wer bekommt in Österreich am meisten Geld? Laut Transparenzdatenbank der EU gingen 33,5 Millionen Euro an die Agrarmarkt Austria (Marketingorganisation der Landwirtschaft) und knapp über fünf Millionen Euro an die Arge LK Beratung (Landwirtschaftskammern). Laut Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger erhalten in Österreich 16 Betriebe mehr als 100.000 Euro Förderung.

Wann werden die neuen Regelungen wirksam? Bis Freitag wird nun auch das EU-Parlament seine Linie festlegen. Dort pocht man aber auf eine Subventionsobergrenze von 100.000 Euro pro Betrieb. Zudem sollen 30 Prozent der Direktzahlungen an Ökoauflagen geknüpft werden. Mit einem Kompromiss zwischen Rat und Parlament wird im Frühjahr gerechnet.

Ist die neue EU-Agrarpolitik der Weg zu einer grüneren Landwirtschaft? Agrar-Ökonom Christian Schleyer (Uni Innsbruck) sieht punkto Umweltwirkungen sogar einen Rückschritt. „Schon bisher haben Landwirte 30 Prozent ihrer Direktzahlungen, die sogenannte Greening-Prämie, nur dann erhalten, wenn sie konkrete, zusätzliche Umweltleistungen erbracht haben.“ Nun werde das Greening abgelöst durch „Öko-Regeln“ – und diese beziehen sich nur auf 20 Prozent der Direktzahlungen. Unter dem Strich seien viele Möglichkeiten, mehr Schwergewicht auf die Umweltauflagen zu setzen, nicht genutzt worden. Schleyer: „Einkommens- und Wettbewerbsziele sind bei dieser Politik die zu Grunde liegenden Teile.“

 

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