Agrana-Chef: "Ethanol ist kein Preistreiber"

Agrana-Chef: "Ethanol ist kein Preistreiber"
Die Agrana erzeugt aus Weizen Sprit. Weil das nicht unumstritten ist, sollen die Körner nun besser verwertet werden.

Heftiger Wind bläst Agrana-Chef Johannes Marihart nicht nur entgegen, wenn er sein Büro auf der Wiener Donauplatte verlässt: Vor allem die geplante Einführung des Biosprits E10 im Herbst 2012 lässt die Wogen hochgehen.

"Die Einführung von E10 droht zur nächsten Kostenfalle für heimische Autofahrer zu werden, ohne jeden Erfolg für die Umwelt", polterte etwa jüngst der Autofahrerclub ARBÖ. Doch Marihart verteidigt im KURIER-Gespräch erneut den von der Agrana in Pischelsdorf/NÖ hergestellten Biosprit aus Weizen oder Mais und verweist auf Fakten: "E10 ist kein Preistreiber. Derzeit kostet die Tonne Ethanol zehn Prozent weniger als die Tonne Benzin." Es gäbe keinen Grund, warum die Politik das Thema nicht motivierter angehe.

Das Problem des zusätzlichen Flächenbedarfs in Entwicklungsländern gelte vielleicht für Biodiesel, sicher nicht für Ethanol. Da sei in Europa ausreichend Getreide vorhanden. Und da alle Autos derzeit mit E5 fahren würden, sieht er keinen Grund, warum Motoren nicht auch E10 vertragen. Schon jetzt produziere man in Pischelsdorf die in Österreich benötigte Ethanolmenge – exportiere aber die Hälfte. Marihart: "Wir könnten per sofort zehn Prozent Ethanol für die Benzin-Beimischung liefern."

Neue Bio-Raffinerie

So ganz wohl ist der Agrana aber offenbar nicht, was das umstrittene Einführungsdatum von E10 betrifft. Daher versucht der Konzern (der wie der KURIER eine Raiffeisen-Beteiligung ist) , aus der Bioethanolanlage in Pischelsdorf zunehmend eine komplette Raffinerie zu machen, um die Wertschöpfung zu erhöhen.

"Eine Bioethanolanlage arbeitet wie eine Brauerei und verarbeitet Rohstoffe in Alkohol und Futtermittel", erklärt Marihart. Letzteres wird unter dem Namen Actiprot aktuell als Eiweißfutter angeboten. Künftig will man den Rohstoff noch intensiver nutzen.

Das bei der Gärung entstehende wird künftig mit einer Anlage des Partners Air Liquide verflüssigt und der Getränkeindustrie angeboten. "Air Liquide hat am Standort rund 15 Mio. Euro investiert", so Marihart. Weitere 65 Mio. Euro investiert aktuell die Agrana in eine Weizenstärkeanlage: Der wertvollere Teil der Stärke wird aus den Körnern ausgewaschen und geht in die Lebensmittel- und Papierindustrie. Der Rest wird Biosprit. Das Eiweiß schließlich wird für Tierfutter aufbereitetet.

Investieren in Griechenland?

Auch im Ausland will Marihart investieren: In Ungarn rüstet er seine Fabriken auf erneuerbare Energie um, im Griechenland prüft er den Kauf der nationalen Zucker-industrie: Wegen der griechischen Wirren liegt der Kauf der überschuldeten Hellenic Sugar zwar auf Eis, die beiden lukrativen Töchter in Serbien haben es Marihart aber angetan. Auch in Kroatien sucht die Agrana aktuell. Marihart: "Wir wollen am Balkan wachsen."

Das geplante Aus für die Quotenbeschränkung für den Zuckerrübenanbau sieht er skeptisch: "Wir wollen die Zuckermarktordnung und die Quote so weit wie möglich erhalten." Die von der EU geplante Flächenstilllegung sieht Marihart, aktuell Präsident der Landwirtschaftlichen Verarbeitungsindustrie in Europa (PFP), sehr skeptisch: "Wenn es zu wenig Rohstoffe gibt, droht eine Abwanderung der Fabriken." Beim zuletzt kräftig gestiegenen Zuckerpreis beruhigt er: "Ich glaube, dass das Preisniveau jetzt für einige Zeit hält."

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