Ärger um VW-Ermittlungen

Justiz überlässt die strafrechtliche Aufarbeitung des VW-Skandals den Deutschen
Staatsanwalt tritt Causa VW nach Deutschland ab. VW-Aktionäre punkten vor Gericht.

Bei der strafrechtlichen Aufarbeitung des Abgasskandals beim VW-Konzern bekleckert sich die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nicht mit Ruhm. Wie jetzt bekannt wurde, hat die WKStA das bei ihr anhängige Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts in Sachen VW an die Staatsanwaltschaft Braunschweig abgetreten. Mit der Begründung: "Die deutschen Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass sämtliche strafrechtlich relevanten Handlungen ausschließlich in der Konzernzentrale in Wolfsburg begangen wurden." Damit ist die WKStA ein lästiges Verfahren losgeworden.

Gegen diese Entscheidung läuft der Verein für Konsumenteninformation (VKI) Sturm. Die WKStA wurde am vergangenen Freitag aufgefordert, erneut "ein Ermittlungsverfahren einzuleiten". Zugleich wurde ein Einspruch wegen Rechtsverletzungen eingebracht.

Fakt ist: Ohne anhängiges Strafverfahren fehlt den heimischen VW-Besitzern bzw. dem VKI das nötige Druckmittel, um gegen VW in den zivilrechtlichen Schadenersatzprozessen punkten zu können. Dazu muss man wissen, dass sich bereits 2000 betroffene VW-Besitzer am österreichischen Strafverfahren als Geschädigte angeschlossen haben. Ein solcher Privatbeteiligten-Anschluss hemmt die Verjährung der zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche. Oder anders gesagt: Die betroffenen Autobesitzer können sich mit den Klagen Zeit lassen. Außerdem wird in der Regel das Belastungsmaterial aus dem Strafverfahren als Munition in Zivilprozessen verwendet.

"Ein Ermittlungsverfahren ist ein Druckmittel", räumt auch VKI-Juristin Ulrike Wolf ein. "Es ist ärgerlich, denn wir haben VW auch nach dem Unternehmensstrafrecht bei der WKStA angezeigt. Sie hat ein Jahr lang nichts gemacht und schiebt nun den Akt an die Deutschen weiter, das macht eine schlechte Optik."

Im Gegensatz zu Österreich gibt es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht. So können dort über den VW-Konzern keine Strafen verhängt werden. Wolf hofft nun, dass das Landesgericht Wien dem Einspruch des VKI Recht gibt. Bei der WKStA versteht man die Aufregung nicht. "Es werden nicht Paragrafen abgetreten, sondern Sachverhalte. Ob ein Anzeiger schreibt, er erstattet Anzeige gegen den VW-Konzern, ist für dieses Verfahren nicht relevant", sagt Konrad Kmetic von WKStA. "Man hat die Deutschen ersucht, übernehmt bitte Fakten, die nur österreichische Geschädigte betreffen." Nachsatz: "Mein Eindruck ist, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig akribisch ermittelt."

Zwei neue Urteile

In des konnte der Wiener Anwalt Lukas Aigner für geschädigte VW-Aktionäre zwei Mal vor dem Oberlandesgericht (OLG) Wien punkten. Sie klagen VW auf Schadenersatz, weil VW ihnen fundamentale Informationen verschwiegen habe und sie durch die Abgasaffäre massive Kursverluste erlitten haben. VW ist der Ansicht, dass Aktionäre nur am Gerichtssitz des VW-Konzerns klagen können. Dem erteilt nun das OLG eine Abfuhr. Laut EU-Recht kann ein privater Aktionär, sprich ein Konsument, am Gericht seines Wohnsitzes den VW-Konzern klagen. Die EuGH-Judikatur schützt hier die Schwächeren. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig.

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