MEL-Nachfolgerin Atrium haftet für Anleger-Irreführung

MEL-Nachfolgerin Atrium haftet für Anleger-Irreführung
Mehr als 40 OGH-Urteile gibt es gegen die Meinl Bank, jetzt kommt weitere brisante Entscheidung gegen Atrium dazu.

Fast acht Jahre beschäftigt die Anlageaffäre Meinl European Land (MEL), heute Atrium, auch die österreichischen Zivilgerichte. Mehr als 40 Urteile hat der Oberste Gerichtshof (OGH) gegen die Meinl Bank und zum Teil auch gegen Atrium erlassen. So viele OGH-Urteile hat es in einer einzigen Causa wohl in der österreichischen Justizgeschichte noch nie gegeben. Nun hat das Höchstgericht ein weiteres Urteil gegen die Atrium nachgereicht. Das Urteil, das Anwalt Ulrich Salburg erstritten hat, beseitigt die letzte Unklarheit in Sachen Haftung zugunsten der geschädigten MEL-Anleger.

Laut diesem OGH-Urteil haftet die Atrium nicht nur für irreführende Ad-hoc-Meldungen im Jahr 2007, sondern auch für jene falschen und unvollständigen Ad-hoc-Meldungen, die im Zuge der Kapitalerhöhungen im Februar und November 2006 veröffentlicht wurden.

"Haftungsrelevante Mitwirkung"

Aber der Reihe nach. Der OGH hatte zu prüfen, ob die irreführenden MEL-Werbebroschüren der Meinl Bank bzw. die unterlassenen und irreführenden Ad-hoc-Meldungen auch der MEL-Nachfolgerin Atrium als Verschulden zuzurechnen sind. Laut OGH war schon in der Market-Maker-Vereinbarung zwischen MEL und Meinl Bank vorgesehen, dass die Werbemaßnahmen von der Bank mit der MEL/Atrium koordiniert werden müssen. Die kurs- und veranlagungsrelevanten Informationen für die Broschüren lieferte die MEL. Alleine diese Tatsache führe laut OGH schon zu einer "haftungsrelevanten Mitwirkung" der Atrium. Zugleich gab es eine Zeit lang eine personelle Verflechtung zwischen der Bank und der MEL – in Person des langjährigen Meinl-Bank-Vorstands Peter Weinzierl. Daraus ergibt sich, so der OGH, dass nicht nur die Bank, sondern auch "die MEL von den unrichtigen Werbeaussagen" wusste.

Teure Folgen

Laut den Höchstrichtern wurde in den Werbebroschüren der "unrichtige Eindruck erweckt, dass die MEL-Aktien nicht den Schwankungen des Aktienmarktes unterliegen". Zugleich wurde ein stabiler Ertrag versprochen. Laut OGH wurde den Anlegern dabei verschwiegen, dass die Karibik-Briefkastenfirma Somal mit Anlegergeldern einen wesentlichen Teil der gehandelten MEL-Zertifikate, sprich bis zu 29,9 Prozent, selbst gehalten und gehandelt hat. Daher haftet die MEL/Atrium für jene Zertifikatskäufe, die Anleger nach den irreführenden Ad-hoc-Meldungen im Februar und November 2006 durchgeführt haben. Für die Atrium kann das wirklich teuer werden.

Stiftungslösung in den Niederlanden

Indes bastelt Atrium gemeinsam mit der Meinl Bank an einer gerichtlichen Einigung für geschädigte MEL-Anleger. Diese Lösung wird vor einem niederländischen Gericht abgewickelt, weil dort, im Gegensatz zu Österreich, Massenschäden über eine Stiftung bereinigt werden können. Die Stiftung Atrium Claim, auch Stichting Atrium Claim, wird von der Meinl Bank und Atrium angeblich mit insgesamt 60 Millionen Euro dotiert. Weitere vier Millionen Euro müssen für die Verfahrenskosten aufgebracht werden. Diese Kosten teilen sich die Meinl Bank und Atrium. Laut APA wurden mit Stand 11. März rund 544 Fälle bearbeitet.

AdvoFin baut auf OGH-Urteile

Der Wiener Prozessfinanzierer AdvoFin um Franz Kallinger, der 5300 MEL-Anleger mit einem Schadensvolumen von mehr als 200 Millionen Euro vertritt, spielt dabei nicht mit. Für Kallinger ist die rechtliche Richtung ganz klar vorgegeben. Er setzt auf die Umsetzungen die erfolgreichen OGH-Urteile.

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