Ackermann: Europa zahlt hohen Preis für Griechen

"Wir müssen unseren Bürgern klar sagen, dass alle europäischen Staaten ohne die Europäische Union in einigen Jahren politisch wie wirtschaftlich nur noch Randfiguren in der Weltpolitik wären." (Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im September zur Staatsschuldenkrise und Integration in Europa)
Der Schuldenschnitt für Griechenland wird Europa nach Einschätzung des Deutsche-Bank-Chefs noch lange teuer zu stehen kommen.

Der angestrebte Schuldenschnitt für Griechenland wird Europa nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann noch auf lange Sicht teuer zu stehen kommen. "Die Erwartung war, dass Staatsanleihen zu 100 Prozent zurückgezahlt werden. Dieses Prinzip wurde verletzt - und zwar entgegen allen Aussagen, die zuvor gemacht worden waren", sagte Ackermann bei einem Besuch der Zentrale der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dafür werden wir einen hohen Preis zahlen müssen, unter anderem in Form höherer Zinsen, die Investoren von vielen Regierungen verlangen werden."

Nach den bisherigen Plänen sollen private Gläubiger wie Banken und Versicherer auf 50 Prozent ihrer Forderungen gegenüber Athen verzichten – nun sind bis zu 70 Prozent im Gespräch. "Die Beteiligung privater Gläubiger war aus politischen Gründen notwendig. Anders hätte es im Deutschen Bundestag keine Mehrheit für das Rettungspaket gegeben", sagte Ackermann. "Aber klar ist auch, dass dies eine historische Trendwende markiert: Europäische Staatsanleihen waren bisher mündelsicher."

Schuldenschnitt: Verhandlungen vertagt

Nach wie vor ist der griechische Schuldenschnitt nicht unter Dach und Fach. Nach mehrstündigen Verhandlungen sprach der Internationale Bankenverband (IIF) in der Nacht auf Samstag von "Elementen eines noch nie dagewesenen freiwilligen Schuldenschnitts". Die Gespräche sollten in den nächsten Tagen fortgesetzt werden. Es müsse jetzt entschlossen gehandelt werden um diesen "historischen Deal" zum Ende zu bringen und Griechenland, den Euroraum und die Weltwirtschaft zu stabilisieren, hieß es weiter.

Zuvor hatten der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos und der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos mit dem IIF-Chef Charles Dallara mehrere Stunden lang verhandelt. Griechische Medien gingen am Samstag davon aus, dass die angestrebte Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) spätestens am Montag fertig sein könnte.

Pleitekandidat Portugal?

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Griechenland gilt nach Einschätzung von Investoren nicht als einziger möglicher Pleite-Kandidat der Euro-Zone. "Portugal gerät als nächstes in die Schusslinie", warnt Michael Cirami, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter Eaton Vance. Ähnlich sieht es Volkswirt Gilles Moec von der Deutschen Bank. Die jüngste Welle von Herabstufungen durch die Rating-Agentur Standard & Poor`s (S&P) habe allein bei Portugal für Kursturbulenzen gesorgt, weil hier mehrere Risiko-Faktoren zusammenkämen. "Die Überschuldung des Privat-Sektors liegt auf dem Niveau von Spanien und die öffentliche Hand ist ähnlich hoch verschuldet wie in Italien. Dazu kommt die Rezession."

Das Misstrauen der Anleger in die Zahlungsfähigkeit Portugals lässt sich unter anderem an den Anleihe-Renditen ablesen. Seit dem S&P-Rundumschlag vor einigen Tagen stiegen jene der richtungsweisenden zehnjährigen Papiere zeitweise um mehr als drei volle Punkte auf ein Rekordhoch von 15,781 Prozent. Die Renditen für die vergleichbaren Bonds aus Frankreich und Italien, die von S&P ebenfalls herabgestuft worden waren, blieben hingegen weitgehend stabil oder gingen sogar zurück.

Für den Pensions-Experten Filipe Silva von der Banco Carregosa signalisieren die Anleihe-Kurse, dass die Anleger langfristig mit einem Schuldenschnitt rechnen. "Ob es dazu kommt oder nicht, lässt sich aber noch nicht sagen. Denn Portugal hatte nicht genügend Zeit, um zu beurteilen, ob die Sparmaßnahmen den erhofften Erfolg haben." Analystin Elisabeth Afseth von Investec Capital Markets zweifelt an der Geduld der Investoren. "Die Finanzmärkte werden Portugal diese Zeit nicht geben. Die Frage ist nun: Wird Europa Portugal diese Zeit geben?"

Carregosa-Experte Silva geht daher davon aus, dass die Regierung in Lissabon zusätzliche Hilfen beantragen wird. Bisher sieht Regierungschef Pedro Passos Coelho hierfür keine Veranlassung.

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