Abschied vom Bankgeheimnis

Abschied vom Bankgeheimnis
Das Bankgeheimnis ist Geschichte. Die Finanz weiß jetzt mehr über Konten und Sparbücher.

Haben Sie mehr als ein Sparbuch? Und haben Sie vielleicht auch noch ein Wertpapierdepot? Solche Fragen gehören in Österreich eigentlich zum Tabubereich. Über Geld spricht man nicht. Dem Staat gegenüber werden solche Geheimnisse allerdings jetzt gelüftet. Mit 1. Oktober startet das sogenannte "Zentrale Kontenregister". Seit Wochen müssen die Banken an dieses Register Daten ihrer Kunden liefern. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Welche Bankprodukte werden gemeldet?

Sämtliche Girokonten sowie Sparbücher, Bausparkonten und Wertpapierdepots. In Summe geht es um rund 33 Millionen Konten.

Was genau wird da registriert?

Name der Bank, Konto- bzw. Depotnummer, Tag der Eröffnung oder Auflösung des Kontos, eventuelle Zeichnungsberechtigte oder Treugeber sowie Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben. Sofern Letzteres nicht verfügbar ist, werden Name, Geburtsdatum und Adresse registriert.

Müssen die Banken auch melden, wie viel auf den Konten drauf ist?

Nein, die Höhe der Guthaben werden nicht gemeldet und daher auch nicht zentral registriert.

Kann ich jetzt noch schnell das Sparbuch auflösen, um der Registrierung zu entkommen?

Das nützt schon lange nichts mehr. Die Banken müssen die Konten bis zurück zum 1. März 2015 melden.

Wer darf in dieses Kontenregister reinschauen?

Gerichte, Staatsanwälte, Finanzstraf- und Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht. Sie müssen jetzt nicht mehr rund 800 Banken anschreiben, ob bei ihnen eine bestimmte Person ein Konto unterhält. Anwälte, Steuerberater oder Notare haben kein Recht auf Einsicht – was etwa im Falle einer Scheidung wichtig sein könnte. Und schon gar nicht können sich neugierige Nachbarn Einblick in diese Daten verschaffen.

Kann ich erfahren, ob in meine Daten Einsicht genommen wurde?

Jede Einsicht muss protokolliert werden, diese Protokolle sind zehn Jahre lang aufzubewahren. Über FinanzOnline, das Internetportal der Finanz, kann man nachsehen, welche Daten über einen im Register enthalten sind und ob und auch von wem darauf zugegriffen wurde.

Heißt das zentrale Register, dass Behörden jetzt auch direkten Zugriff auf Girokonten und Sparbücher haben?

Nein. Die Behörden wissen weder über die Höhe der Guthaben Bescheid noch haben sie Zugriff. Wenn allerdings berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben eines Abgabenpflichtigen bestehen (etwa bei Verdacht auf Schwarzgeld), kann die Öffnung eines Kontos beantragt werden.

Kann man sich gegen eine Kontoöffnung wehren?

Jein. Der Antrag auf Öffnung eines Kontos muss schriftlich begründet werden, der Kontoinhaber muss Gelegenheit zu einer Stellungnahme bekommen. Ein Richter des Bundesfinanzgerichtes muss der Öffnung eines Kontos zustimmen. Das Ja des Richters kann zwar beeinsprucht werden, aufschiebende Wirkung hat das allerdings nicht. Dann hilft kein Wehren mehr – das Geldinstitut muss die gewünschten Konto-Informationen herausrücken.

Was wird das neue Kontenregister bringen?

Die Finanz wird auf ihrer Jagd nach Steuerbetrügern und Abgabenhinterziehern jedenfalls effizienter. Angepeilt sind dadurch noch im heurigen Jahr zusätzliche Einnahmen von 700 Millionen Euro. Diese Zahl halten Experten allerdings für zu ambitioniert.

Die Banken haben schon bessere Zeiten erlebt: Hohe Kosten, ein enges Regel-Korsett sowie Konkurrenz durch Fintechs (Finanz-Start-ups) machen den Geldhäusern zu schaffen. Dazu schwemmt das hartnäckige Zinstief alte Erlösmodelle weg. "Wozu überhaupt noch Banken?" lautete die provokante Frage des Finanz-Marketing Verbandes (FMVÖ) bei einer Diskussion in der Nationalbank. "Wir lernen von den Fintechs, ich halte die Konkurrenz aber noch für überschaubar", sagte Karl Sevelda, Chef der Raiffeisen Bank International (RBI).

Abschied vom Bankgeheimnis
RBI-Chef Karl Sevelda.
Dem widersprach Franz Hahn, Bankenexperte am Wirtschaftsforschungsinstitut: Bankdienste würden zwar immer gebraucht. Banken, wie wir sie heute kennen, werde es in 20 oder 30 Jahren aber nicht mehr geben. Tatsächlich drängen Google, Amazon, Facebook und Co. ins Finanzgeschäft. "Glauben Sie wirklich, dass ein Land, das sich unheimlich vor CETA und TTIP fürchtet, bereit wäre, sein Finanzwesen in die USA auszulagern?" konterte Sevelda. Vertrauen sei noch immer die wichtigste Währung. "Wenn ich wählen müsste, würde ich eher dem Robo-Advisor (Computerprogramm, Anm.) als dem Wertpapierberater vertrauen", sagte Hahn. Er glaubt, dass von 800 Banken in Österreich nur 100 überleben können.

"Die Fintechs müssen selbst erst ins Geld verdienen kommen", relativierte Robert Zadrazil, Chef der Bank Austria, die Sorgen. Der Geldaufwand, um einen Kunden zu werben, betrage 50 bis 70 Euro – das zeige, welchen Wert ein Stock von 1,7 Millionen Bank-Austria-Kunden darstelle. Anders als Google und Co. machen die Banken ihr Wissen über die Kunden (noch) nicht zu Geld. "Das ist ein heißes Thema", bestätigte Zadrazil. "Aber wie erfreut wären Sie, wenn wir Ihre Daten nutzen würden?", zeigte er sich vorsichtig. Nationalbankchef Ewald Nowotny wünscht sich für Österreich "pragmatische Universalbanken", die geringe Risiken eingehen. Die Kosten müssten aber weiter sinken. Er verwies auf "hausgemachte Probleme" wie die vielen Fremdwährungs- sowie variabel verzinsten Kredite. Genau da wissen die Österreicher besonders wenig Bescheid, sagte WU-Wirtschaftspädagogin Bettina Fuhrmann. Fast zwei Drittel schätzten diese Risiken falsch ein.

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