Abgas-Skandal: Von A wie Aktien bis S wie Sponsoring

Als Folge des Abgasskandals dürften noch viele Betroffene in die Röhre schauen – weit über VW hinaus.
Der Manipulationsskandal schlägt hohe Wellen – weit über den VW-Konzern hinaus.

Waren die manipulierten VW-Abgastests bei Diesel-Fahrzeugen in den Vereinigten Staaten nur die Spitze des Eisbergs? Die Affäre zieht immer weitere Kreise.

Andere Modelle Zu den elf Millionen VW-Fahrzeugen, die weltweit betroffen sind, zählen neben VW und Audi (A1, A3, A4 und A6) auch andere Konzernmarken. Skoda bestätigte, dass Modelle der Reihen Fabia, Roomster, Octavia und Superb aus den Jahren 2009 bis 2013 teilweise mit dem betroffenen Dieselmotor vom Typ "EA 189" ausgerüstet worden seien. Bei aktuellen Modellen gebe es keine Probleme. Auch Seat bestätigte den Einsatz der manipulierten Technologie. Die genaue Zahl sei noch nicht bekannt; Zeitungen schrieben von einer halben Million Seats seit 2009.

Andere Autohersteller Haben auch andere Autobauer getrickst? Das behauptet etwa die NGO Deutsche Umwelthilfe. Daimler, BMW, Opel und Fiat betonen hingegen, sich streng an alle Abgasvorgaben zu halten. Besonders scharf unter Beschuss geriet BMW: Straßentests hätten bei einem X3-Dieselmodell eine Überschreitung der EU-Abgas-Grenzwerte um das Elffache ergeben, schrieb Auto-Bild. Das Unternehmen dementierte umgehend: Die BWM-Abgasfiltersysteme blieben immer aktiv. "Bei der BMW Group wird nicht manipuliert und wir halten uns selbstverständlich in jedem Land an die gesetzlichen Vorgaben und erfüllen alle lokalen Testvorgaben."

Aktien-Absturz In den vergangenen Tagen hatte die VW-Aktie gut 30 Prozent an Wert eingebüßt – die Hoffnung auf eine Wende währte am Donnerstag nur kurz. Dafür gerieten andere Autoaktien massiv unter Druck: Das BMW-Papier verlor mehr als 6 Prozent. Sogar die US-Werte General Motors und Ford gaben vorbörslich um je rund 2 Prozent nach. Fiat Chrysler sackte um knapp 5 Prozent ab.

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Manager-Haftung Bei vielen Versicherungen ist VW gerade Gesprächsthema Nummer eins: Auf Vorstände und Aufsichtsräte könnten Schadenersatzforderungen von mehreren hundert Millionen Euro zukommen. Dafür werden in der Regel Versicherungsverträge abgeschlossen – zu den größten Spielern zählen Zurich, Allianz, Talanx oder AIG.

Sponsoring Bei VW werden jetzt alle Kosten überprüft, sind Experten überzeugt. "Da rückt unvermeidlich der Sport ins Blickfeld", sagt Simon Chadwick (Coventry University). VW ist einer der größten Geldgeber des deutschen Fußballs: Die Ausgaben für 16 Clubs, von VfL Wolfsburg über FC Ingolstadt bis Bayern München, werden auf hohe dreistellige Euro-Millionenbeträge geschätzt. Für Österreich relevant: Audi hat den Sponsoring-Vertrag mit den Salzburger Festspielen im Vorjahr bis 2018 verlängert.

TTIP Die USA haben striktere Abgas-Normen und decken einen Ökoskandal auf? Befürworter des umstrittenen Handelsabkommens TTIP sehen sich bestätigt: Das Argument, Europa sei hier viel strenger, geht ins Leere.

Dolchstoßlegenden haben Hochkonjunktur. Die Aufdeckung der VW-Abgas-Affäre sei die Rache der USA am deutschen Exportwunder, wird gemunkelt. Immerhin schickt sich Volkswagen an, die Nummer eins am Weltmarkt zu werden. Auch Japans Branchenprimus Toyota musste 2011 mit riesigen Rückrufen und Rekordstrafen wegen defekter Gaspedale kämpfen. Sind die US-Behörden also rasch mit Strafen zur Hand, wenn es ausländische Konzerne trifft?

So einfach ist es nicht: Auch US-Autobauer General Motors hatte für gemeingefährliche Zündschlösser einen hohen Preis zu zahlen. Verständlich, dass man in Deutschland gern die Schuld abwälzen würde, aber der Vertrauensverlust ist hausgemacht. Volkswagen ist nämlich nicht der einzige Leuchtturm, der ins Wanken gerät. Die Deutsche Bank kämpft bis heute mit dem Imageschaden und finanziellen Folgen von Zinsmanipulationen. Der Ruf von Lufthansa als Ikone der Zuverlässigkeit hat ebenfalls gelitten: Der Germanwings-Absturz war zwar tragisch, warf aber ernsthafte Zweifel an der Ausbildung und internen Kontrollmechanismen auf. Die Streikwellen, die Tausende Passagiere stranden lassen, sind definitiv hausgemacht.

Das Vertrauen ist also angeknackst. Deutschland muss aufpassen, dass das einstige Gütesiegel "Made in Germany" nicht allmählich zum Mühlstein wird.

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