Börsensteuer light ab 2016
Finanzminister Michael Spindelegger sprach von einem „Durchbruch“ auf dem Weg zu einer Finanztransaktionssteuer, doch zumindest vorerst dürften eher deren Gegner jubeln: Denn auch nach monatelangen Beratungen auf Minister-Ebene sind sich jene zehn Staaten, die die neue Abgabe gemeinsam einführen wollen, in keiner einzigen wichtigen Frage einig.
Beim Finanzminister-Treffen am Dienstag in Brüssel legten die Vertreter der Teilnehmer-Staaten – neben Österreich sind dies Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Estland, Griechenland, Portugal und die Slowakei – den Nicht-Teilnehmern denn auch nur eine „politische Erklärung“ vor.
Schrittweise Einführung
Die eine A4-Seite enthält neben der Bekräftigung der grundsätzlichen Willensbekundung nur einen konkreten Punkt: Spätestens mit 1. Jänner 2016 soll ein „erster Schritt“ der neuen Abgabe eingeführt werden. „Für Österreich ist das ein Durchbruch in politischer Hinsicht“, sagte Spindelegger. „Wir haben in den Budgets ab 2016 ein Ergebnis aus der Steuer eingestellt.“
Wie viel die neue Steuer bringen wird, ließe sich angesichts der vielen ungeklärten Details noch nicht sagen, so Spindelegger. Die halbe Milliarde Euro jährlich, mit der Österreich einst plante, sei jedoch zumindest in der ersten Phase der neuen Steuer nicht mehr realistisch.
Im EU-Parlament ist man vom mageren Fortschritt enttäuscht: „Absichtserklärungen reichen nicht mehr. Das hören wir jetzt schon seit Jahren. Heute ist wieder eine Chance vergeben worden, schnell den Nutzen aus einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer zu ziehen“, sagt Othmar Karas, ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl. Die Grüne Listenerste Ulrike Lunacek meint, die neue Steuer „droht durch die Salami-Taktik der EU-Finanzminister zu scheitern“.
„Propagandamaschine“
Harte Kritik an den Steuerplänen gibt es nach wie vor vor allem aus Großbritannien und Schweden – die Vertreter beider Länder deuteten am Dienstag an, gegen das fertige Steuergesetz klagen zu wollen: „Die Steuer hat einen schädlichen Effekt auf die Finanzierung von Investments“, sagte Finanzminister Schwedens Anders Borg. Er kritisierte, dass es „keine technischen Details und keine Berechnungen über die Auswirkungen“ gebe. Spindelegger konterte, man dürfe sich von der „schwedischen Propagandamaschine“ nicht beeinflussen lassen: „Ich bin überzeugt, wenn wir die Steuer einmal haben, wird es auch in den Ländern, die jetzt dagegen sind, Druck aus der Bevölkerung geben, die Steuer einzuführen.“
Geldbeschaffung ist das schlechteste Motiv für neue Steuern – siehe Sektsteuer. Für die Finanztransaktionssteuer sprachen zumindest anfangs sinnvolle Argumente: Fällt auf jede Transaktion ein Mini-Prozentsatz an, so bremst das Spekulanten, die in Sekundenbruchteilen zig Deals abwickeln, und nicht Otto Normalanleger. Je weniger Nutzen für die Realwirtschaft, umso höher die Steuer – das war die Idee.
Seit Dienstag ist klar: Das wird nichts mehr. Zweieinhalb Jahre lang wurde debattiert, verhandelt und lobbyiert. Man ist jedoch keinen Schritt weiter, sondern noch hinter den Start zurückgefallen. Der Wille der zehn bis zwölf Länder reicht doch nicht für einen sinnvollen Konsens aus. Was jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein Dokument des Scheiterns: Die Steuer soll ab 2016 für "Aktien und einige Derivate" gelten (einige Derivate?). Wenn die Steuer just Aktien teurer macht, andere spekulative Wertpapiere aber ausklammert, bewirkt sie das Gegenteil dessen, was geplant war: Die Steuer sollte Spekulanten treffen, die Blasen fabrizieren – und nicht Unternehmen, die Güter erzeugen.
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