A1 Telekom Austria: Showdown am Standort Österreich

„Wir befinden uns in einer sehr großen Transformation und müssen vieles neu denken. Wenn man glaubt, man kann diese Organisation immer so weiterführen wie in der Vergangenheit, wird das nicht funktionieren.“ Thomas Arnoldner, Vize-CEO der Telekom-Austria-Gruppe, beschönigt nichts.
Seit Jahren werden unter der Herrschaft des mexikanischen Mehrheitseigentümers America Movil von Milliardär Carlos Slim in Österreich Jobs abgebaut. Die Staatsholding ÖBAG ist mit ihren 28 Prozent zum Zuschauer degradiert.
Unter dem Markennamen A1 ist die Telekom Austria die Nummer eins in Zentral- und Osteuropa. 17.000 Mitarbeiter, 30 Millionen Kunden, zwei Milliarden operativer Gewinn (Ebitda). Doch das Wachstum spielt längst nicht mehr in Österreich, sondern in den sechs CEE-Märkten.
2020 zählte man noch 7.300 Mitarbeiter in Österreich, heute sind es 5.600. Der Abbau beschleunigt sich. War bisher von 300 bis 400 jährlichen Abgängen die Rede, verließen im Vorjahr 550 Beschäftigte das Unternehmen. 190 davon im Golden-Handshake-Programm. Seit Jahresbeginn sind 450 Beschäftigte weg, rund 200 werden bis Jahresende noch folgen, bestätigt Arnoldner gegenüber dem KURIER.

Thomas Arnoldner, Vize-CEO der Telekom-Gruppe
Dass es keinen öffentlichen Wirbel gibt, ist dem Sozialplan zu verdanken.1.350 Mitarbeiter sind immer noch aus uralten Post-Zeiten Beamte, insgesamt stehen rund 2.450 Beschäftigte unter Kündigungsschutz. Den Sozialplan ließ sich das Unternehmen laut Arnoldner bisher mehr als eine Milliarde Euro kosten.
Arnoldner wagt keine Prognose über die mittelfristigen Beschäftigtenzahlen. Nicht einmal für 2026. Zentralbetriebsrats-Obmann und Gewerkschafter Gerhard Bayer wollte wegen der laufenden Verhandlungen keine Stellungnahme abgeben.
Kollektivverträge
Für den Standort ist diese Entwicklung höchst problematisch. Sind die Jobs einmal weg, dann für immer. In der Belegschaft und im österreichischen Management befürchtet man, dass vom einstigen Technologie-Unternehmen nur eine Sales-Organisation übrig bleiben wird. Was Holding-Betriebsratschef Alexander Sollak in einem Brief an ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer thematisierte.
Speziell die länderübergreifenden „Competence Delivery Center“ (CDC), die alle sieben Konzern-Länder servicieren. Hauptstandort ist Bulgarien, wohin bereits 2.000 Jobs intern verlagert wurden. Es geht um Synergien. „Es ist absurd, alles sieben Mal zu machen und nicht ein Mal“, argumentiert Arnoldner.
Im Konzern wird nicht mehr in Ländern gedacht, oberste Priorität haben die Kosten. Österreich hat als einziges Land Kollektivverträge, daher kann die Alpenrepublik bei den Kosten schwer mithalten. Jetzt wird über eine Null-Lohnrunde spekuliert.
Arnoldner ortet drei große Herausforderungen in Österreich. Der Rückgang der Sprachtelefonie treffe die Telekom Austria am stärksten. Trotz zunehmender Digitalisierung schrumpft die Branche in Österreich und schließlich sei der Markt viel zu stark reguliert, was A1 besonders treffe. „Die Regulierungen stammen aus der Markt-Liberalisierung von vor 25 Jahren. Die Welt hat sich seitdem verändert, aber wir kommen nicht heraus aus dieser Fesselung.“ Er drängt auf eine Umstellung der Förderungen (bisher 2,4 Milliarden Euro) für den Glasfaser-Ausbau. Die Anschlüsse einzelner Haushalte würden mit bis zu 40.000 Euro subventioniert.
Wachstum sucht A1 daher im nicht regulierten Bereich, bis 2030 sollen 30 Prozent des Umsatzes aus digitalen Dienstleistungen für Unternehmen kommen.
Telekom-CEO Alejandro Plater spricht übrigens bis heute nicht Deutsch. Wird spannend, ob der neue Österreich-Chef Jiri Dvorjancansky Deutsch lernen wird. Der Plater-Vertraute war zuletzt CEO von A1 Kroatien und Nordmazedonien. Der Abgang des pragmatischen Marcus Grausam nach 27 Jahren sorgte für einige Verunsicherung in der Belegschaft.
244 Millionen Miete für die Funktürme
Die umstrittene Ausgliederung der Funkmasten in die börsenotierte Gesellschaft EuroTeleSites kommt A1 Telekom Austria teuer zu stehen. Im Vorjahr musste A1 für die Nutzung der ehemals eigenen Funktürme Leasingraten von 244 Millionen Euro bezahlen. Lediglich 26 Millionen Euro an Mieteinnahmen kamen von 300 Fremdfirmen.
Dabei war das Hauptargument für die Ausgliederung gewesen, dass sich mehr Fremdfirmen einmieten würden. EuroTeleSites hat 13.500 Towers und weist Verbindlichkeiten von 1,1 Milliarden Euro aus. Die Leasing-Raten darf A1 bis in alle Ewigkeit berappen.
„Volksaktie“
Von dem Deal haben nur die Telekom-Aktionäre profitiert, nicht das Unternehmen. Die Aktionäre können sich bei A1 über alljährlich steigende Dividenden freuen, zuletzt 40 Cent je Aktie. 2020 waren es noch 25 Cent.
Weniger Freude bereitet der Börsekurs der A1, der zuletzt bei 9,60 Euro notierte. Die damals staatliche Telekom ging 2000 an die Börse, der Emissionskurs des als „Volksaktie“ angepriesenen Papiers lag bei neun Euro und stürzte gleich am ersten Tag ab. Bundeskanzler war Wolfgang Schüssel, Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Kommentare