Mit Komplexitätsforschung gegen Lieferengpässe

Mit Komplexitätsforschung gegen Lieferengpässe
Interdisziplinäres Pionierprojekt untersucht Auswirkungen von Krisen auf den gesellschaftlichen Stoffwechsel.

Weltweit steigt die  Nutzung natürlicher Ressourcen an.  Globale Krisen wie Kriege, Pandemien oder Klimaextreme  hingegen gefährden die Lieferketten. Doch wie beeinflussen diese Krisen die Ressourcennutzung, Nachhaltigkeit, Ungleichheit und das gesellschaftliche Wohlergehen? Dieser Frage gehen die Forscherinnen und Forscher des Pionierprojekts REMASS (Resilience and Malleability of Social Metabolism – auf deutsch: Resilienz und Formbarkeit des sozialen Stoffwechsels) nach. Sie werden in den kommenden fünf Jahren datenbasiert untersuchen, wie sich die Nutzung von Ressourcen über Zeit, Raum und Bevölkerungsgruppen hinweg verändert. Ins Blickfeld gerückt werden sollen dabei insbesondere eben die Auswirkungen aktueller Krisen  auf globale Lieferketten, Ressourcenflüsse und Materialbestände (zum Beispiel in Gebäuden und Infrastrukturen). 

Mögliche Kipppunkte finden

Die Forschenden der Central European University (CEU), Wirtschaftsuniversität Wien, des Complexity Science Hub, der IIASA und der Universität Wien unter Federführung der BOKU University können damit einen wichtigen Beitrag zur künftigen Versorgungssicherheit leisten: „In unserer Forschung untersuchen wir die Resilienz der Ressourcennutzung und Möglichkeiten für eine nachhaltigere Gestaltung. Vielleicht entdecken wir sogar Kipppunkte hin zu mehr Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit?“, so Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie an der BOKU und Koordinator von REMASS. „Unser Ziel ist es, mithilfe von Methoden der Komplexitätsforschung herauszufinden, welche Faktoren zu einem Zusammenbruch des Systems führen können – sprich: Welche Ereignisse müssen eintreten, damit ein Kipppunkt erreicht wird, an dem sich Produktionsnetzwerke plötzlich und unkontrolliert verändern, mit entsprechend unkontrollierbaren Auswirkungen auf die Gesellschaft“ ergänzt Stefan Thurner vom Complexity Science Hub das Vorhaben. 

Ernährung, Wohnen und Mobilität 

Konkret sollen im Rahmen von REMASS drei Versorgungssysteme, die entscheidend für Nachhaltigkeit und gesellschaftliches Wohlergehen sind – Ernährung, Wohnen und Mobilität –, anhand von sechs Fallstudien und zentralen Orten im globalen Norden und Süden untersucht werden. „Mit dieser neu geschaffenen Datengrundlage“, erklärt Assistenzprofessorin Anke Schaffartzik vom Fachbereich Umweltwissenschaften und -politik der CEU, „wird es auch möglich sein zu untersuchen, wie diese drei grundlegenden Versorgungssysteme nachhaltiger und sozial gerechter gestaltet werden können.“
Das Projekt REMASS wurde im Frühjahr 2024 vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) im Programm Emerging Fields für eine Förderung in Höhe von 7,1 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre ausgewählt.  

In Kürze: Neue Professur an der MedUni Wien 

Mit Anfang des Semesters hat Thomas Niederkrotenthaler, Suizidforscher am Zentrum für Public Health, an der der MedUni Wien eine Professur übernommen. Niederkrotenthaler forscht im Bereich Suizidprävention und Public Mental Health, mit einem Fokus auf Mental Health Promotion. Das umfasst auch die Medienwirkungsforschung in traditionellen und sozialen Medien. „Für diesen Bereich sind wir mit Leuchtturmprojekten weltweit führend“, so Niederkrotenthaler. „Die MedUni Wien bildet hier ein europäisches Kernzentrum für diesen Bereich, der durch die Professur gestärkt wird.“

„Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ – so lautet wieder das Motto bei der Langen Nacht der Forschung. Von 17 bis 23 Uhr öffnen über 200 verschiedene Institutionen in ganz Österreich ihre Pforten und laden zu Führungen, Workshops, Vorträgen, Live-Präsentationen und Mitmach-Experimenten ein. Eintritt ist frei! langenachtderforschung.at