Mikroplastik: Macht es uns krank?
Plastik würde wohl niemand freiwillig essen, und doch nehmen wir im Durchschnitt wöchentlich einen gehäuften Teelöffel davon zu uns. Und zwar ohne, dass wir es überhaupt bemerken. Mikroplastik findet sich fast überall in der Umwelt, der Kontakt im Alltag ist unumgänglich. Durch den Plastikmüll, der in der Umwelt landet und dort zerfällt, Kosmetika oder das Waschen von synthetischen Stoffen gelangt es über Umwegen schließlich in Böden, Trinkwasser und unsere Lebensmittel. In städtischen Gebieten atmen wir es sogar ein.
„Der bedeutendste Beitrag zur Mikroplastikbelastung stammt vom Abrieb der Autoreifen“, sagt Lukas Kenner, wissenschaftlicher Leiter des Projekts microONE des K1 Kompetenz Zentrum CBmed. Im Rahmen dieser Studie werden die gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen untersucht, insbesondere, was die mikroskopisch kleinen Partikel im Darm anrichten können. Denn darüber weiß man immer noch zu wenig.
„Studien haben gezeigt, dass Mikroplastik Zellschäden, hormonelle Störungen und auch chronische Entzündungen im Darm verursachen bzw. verstärken können, das zeigen auch unsere Studien“, erklärt Kenner.
Plastik im Körper
Nur 0,0001 bis 5 Millimeter groß, kann Mikroplastik, und noch viel kleineres Nanoplastik, leicht in den menschlichen Organismus eindringen. Dort wurde es bereits in Blut und Darm nachgewiesen. Neueste Forschungen rund um Kenner zeigen nun auch, dass die mikroskopisch kleinen Plastikrückstände sogar ins Gehirn vordringen können.
Bislang geht man davon aus, dass der Großteil der Plastikpartikel wieder ausgeschieden wird. Was allerdings mit dem verbleibenden Rest im Körper passiert, ist unklar. „Mikroplastikpartikel agieren zudem nicht nur isoliert“, warnt Kenner. „Sie können eine Vielzahl von Chemikalien an ihre Oberfläche binden, einschließlich schädlicher Schadstoffe aus der Umwelt.“
Gelangen diese Partikel dann zusammen mit den Schadstoffen in den Körper, können diese freigesetzt werden und eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen verursachen. Möglicherweise auch die Entstehung von Krebs und dessen Metastasierung, wie die Studie klären soll.
Die Öffentlichkeit muss über die Auswirkungen von Mikroplastik informiert werden
Vermeiden, wo es geht
Dass geringe Mengen weniger schädliche Auswirkungen haben könnten, konnte bislang nicht bestätigt werden. Im Gegenteil. „Während eine potenziell gesundheitsgefährdende Dosis noch nicht festgelegt wurde, gibt es wachsende Beweise dafür, dass selbst geringe Mengen schädlich sein können“, sagt Kenner. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass Mikroplastikpartikel lange Zeit im Körper verbleiben und sogar weitergegeben werden können. Auch die Gesamtbelastung über einen längeren Zeitraum spielt eine Rolle für mögliche negative Folgen.
Während das Kunststoff-Problem in der Umwelt von einem größeren Umdenkungsprozess abhängig ist, sollte man im Alltag auf Plastik weitestgehend verzichten. Wiederverwendbare Taschen, Flaschen und Behälter können dabei helfen, Einwegplastik zu reduzieren. Auch Obst und Gemüse ist in vielen Geschäften unverpackt erhältlich. Spezielle Waschbeutel verhindern, dass Plastikpartikel in den Abfluss gelangen und eine reduzierte Geschwindigkeit minimiert Reifenabrieb, der etwa durch abruptes Bremsen entsteht.
Um das Problem besser zu verstehen, sind vor allem weitere Forschungen aus den verschiedenen Disziplinen erforderlich. Wichtig ist dabei auch das Bewusstmachen von Risiken. „Die Öffentlichkeit muss über die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Umwelt und den menschlichen Organismus informiert werden“, betont Kenner.