Bis ins hohe Alter gesund?

Bis ins hohe Alter gesund?
Eliminiert man Zellen, die das Wachstum eingestellt haben, macht uns das fit und jung.

Bis ins hohe Alter fit und gesund sein ist wohl ein Wunsch, den wir alle haben. Assoc. Prof. Dr. Johannes Grillari widmet sich diesem Wunsch seit über 20 Jahren und forscht zur Zellalterung. Der Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Traumatologie geht dabei genau dieser Frage nach, unsere Gesundheitsspanne zu verlängern und Regeneration von Geweben, auch nach Verletzungen, zu steigern.

Zombies

Zellen sind die kleinste lebende Einheit, die einen Organismus bilden. Damit der Körper wachsen und sich Gewebe wie die Haut ständig erneuern können, müssen sich Zellen teilen. Doch mit zunehmendem Alter können Zellen ihre Teilung nicht mehr regulieren, sie stellen die Teilung ein und werden zu „Zombies“, die ihre zelltypischen Aufgaben nicht mehr erfüllen, dafür aber Schäden im Gewebe anrichten. Dabei spricht man von Seneszenz. Doch warum stellen Zellen ihr Wachstum ein? „Es ist nicht, wie man zu denken glaubt, die Zeit, die uns altern lässt. Auslöser dafür sind vor allem Stressoren, die zur Seneszenz führen“, sagt Grillari. Dazu zählen freie Radikale, Umweltgifte oder UV-Strahlung. „Vor etwa zehn Jahren haben wir in Forschungen gesehen, dass es dem Organismus deutlich besser geht, wenn man seneszente Zellen aus dem Organismus entfernen kann. Erkrankungen werden angehalten, manche Alters induzierten Krankheiten treten gar nicht auf und Haare wachsen farbig statt grau wieder nach“, sagt der Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts, der auch an der BOKU University lehrt.

40 Prozent

„In letzter Zeit konnten wir einen neuen Stoffwechselweg identifizieren, den man mit Wirkstoffen so unterdrücken kann, sodass nur seneszente Zellen eliminiert werden, während normale Zellen intakt bleiben. Das führt dazu, dass es den Modellorganismen deutlich besser geht.“ So wurden Mäuse in einem Alter von 27 Monaten behandelt, das entspricht dem Alter eines 80-jährigen Menschen. Grillari: „Entfernt man die seneszenten Zellen, hat sich die mittlere Überlebensdauer um 40 Prozent erhöht. Aber nicht nur das: Sie waren gesund und die Kraft sowie Koordination waren fast so gut wie bei jungen Mäusen.“ Ziel seiner Forschung ist es, einen Wirkstoff zu entwickeln, der seneszente Zellen eliminiert. „Die Zellen werden dadurch in den Selbstmord getrieben und sind damit nicht mehr schädlich. Denn wir haben auch herausgefunden, dass seneszente Zellen eine sterile Entzündungsreaktion auslösen, obwohl kein Krankheitserreger da ist. Und das ist schlecht für das Gewebe“, erklärt Grillari. Führt der Wirkstoff in einigen Jahren also dazu, dass wir länger leben? „Wir fokussieren uns in unserer Forschung darauf, dass wir möglichst lange gesund bleiben. Es geht nicht darum, 120 Jahre alt zu werden.“

Altern hinauszögern

Bis dahin kann man natürlich versuchen, die Seneszenz von Zellen hinauszuzögern. „Auch wenn es immer wieder Trenddiäten gibt oder spezielle Mittel propagiert werden – so langweilig es klingt, aber ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und Bewegung sind das Um und Auf. Sonnenexposition empfehle ich nur in Maßen.“ Grillari weist darauf hin, dass der Körper sowohl Eiweiße, Fette und Kohlenhydrate zum Überleben braucht und extreme Ernährungsweisen nicht zielführend sind. Außerdem ist der Konsum von Antioxidantien zu empfehlen, welche die freien Radikale binden und die Zelle verschonen, auch vor Seneszenz.