„Abfall im öffentlichen Raum bietet enormes Recyclingpotenzial“

Dr. Therese Schwarzböck
Therese Schwarzböck, Laborleiterin des Forschungsbereichs Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement der TU Wien, über das WWTF Forschungsprojekt „UrbanWaste“.

Wie hoch ist das Verständnis für die Notwendigkeit der Mülltrennung?

Therese Schwarzböck: Grundsätzlich ist es sehr hoch. Eine Studie der Altstoff Recycling Austria aus 2023 zeigt etwa, dass mehr Abfall im Haushalt getrennt wird, als noch vor vier Jahren.

Welche Materialien werden besser getrennt entsorgt?

Gute Reinheiten werden bei Glas und teilweise Papier erzielt. Grund dafür ist, dass sie einfacher der richtigen Fraktion zuordenbar sind. Das ist bei Mischfraktionen, etwa bei Leichtverpackungen, die in der gelben Tonne zu entsorgen sind, nicht so einfach. Mehrschichtfolien, Verbundverpackungen, Taschentücher oder beschichtete Kartonverpackungen werden oft nicht richtig verstanden und entsorgt.

Warum erreicht man die Bevölkerung nicht flächendeckend?

Grundsätzlich spielen drei Faktoren eine Rolle: Erstens braucht es das Wissen darüber, wie getrennt werden sollte. Zweitens muss eine gewisse Motivation vorhanden sein. Und drittens braucht es die infrastrukturellen Möglichkeiten, die Abfalltrennung auch durchzuführen.

Was hat Ihr Forschungsprojekt „UrbanWaste“ zum Ziel?

Unser Forschungsprojekt, das vom WWTF mit Beteiligung des Landes Niederösterreich finanziert wird, hat zum Ziel, die Abfalltrennung im öffentlichen Raum in Städten näher zu beleuchten und Verbesserungen auszuarbeiten. Einerseits geht es darum, das Trennverhalten zu untersuchen, andererseits um die Erhebung von Daten zur Zusammensetzung von öffentlichen Abfällen und deren Wertstoffpotenzial. Wir sind ein Forschendenteam aus den Bereichen Sozialpsychologie, Abfallwirtschaft und Industriedesign. Durch unsere Zusammenarbeit wird das jeweilige Verständnis gestärkt und wir können gemeinsam überlegen, welche Lösungen aus verschiedener Sicht zielführend sein können. Auch der Austausch mit Stakeholdern ist ein wesentlicher Punkt im Projekt.

Warum legen Sie den Schwerpunkt auf den öffentlichen und halb-öffentlichen Bereich?

Weil hier noch kaum Daten oder Informationen vorhanden sind. Das gilt sowohl für Zusammensetzung, Abfallaufkommen, als auch spezifisch für das Trennverhalten. Obwohl der öffentliche Abfall verglichen mit der Masse des Siedlungsabfallstroms einen kleinen Anteil ausmacht, besteht ein hohes ungenutztes Ressourcenpotenzial aufgrund des hohen Wertstoffanteils im Abfall. Ein großer Anteil ist aufgrund des Konsums außer Haus Verpackungen und Kunststoffe, die z.B. für ein stoffliches Recycling geeignet wären und so zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen könnten. Es wird in Zukunft relevant sein, die Wertstoffe dieses Abfallstroms auch zu nutzen und in eine Kreislaufwirtschaft zu integrieren.

Unter anderem sollen neue Designs entwickelt werden. Was ist damit gemeint?

Mit Designs für Abfallinfrastruktur meinen wir konkret, wie ein Abfallbehälter auf der Straße, im Park oder in den Öffis ausgestaltet sein sollte, um möglichst viele Leute dazu zu bringen, ihren Abfall zu trennen. Dazu gehören die Form, Farbe, Einwurfmechanismus, Entleermöglichkeit und was auf den Behältern abgebildet sein soll. Aus unserer Forschung hat sich ergeben, dass weniger das Aussehen des Behälters eine Rolle beim Trennverhalten spielt, als viel eher Gewohnheit und klares Informationsdesign. Aufgrund dessen hat das Projektteam eine neue Idee entwickelt – und zwar mittels Leitsystem und Informationsdesign die Leute dazu zu bewegen, ihren recycelbaren Abfall zu zentral aufgestellten Trennbehältern zu bringen und dort zu trennen.

Durch unser Projekt wird eine gute Grundlage für konkrete Maßnahmen von Entscheidungsträgern geschaffen, um eine verbesserte getrennte Sammlung im öffentlichen sowie auch im halb-öffentlichen Raum zu erreichen und bisher ungenutzte Ressourcen aus diesem Abfallstrom zu nutzen und damit hochqualitatives Recycling zu ermöglichen.

www.urbanwaste.at