Fitnesscenter wirbt mit Mastektomie-Patientin

Samantha Paige in der Equinox-Werbung.
Die US-Fitnessstudiokette Equinox startet mit einer provokanten Werbekampagne ins neue Jahr. Das kommt nicht bei allen gut an.

Im vergangenen Jahr machte man bei Equinox mit einer stillenden Frau von sich reden, heuer wirbt man mit einer Mastektomie-Patientin. Gleich geblieben ist der Slogan "Commit to Something", mit dem die Fitnessstudiokette für sich selbst wirbt. Mit der alten wie der neuen Kampagne will man Sportmuffel zum Training motivieren.

So sieht Hingabe aus

Die stilisierten Hochglanzsujets wurden auch dieses Mal von Fotograf Steve Klein, der unter anderem mit Werbefilmen für Lady Gaga, Musikvideos für Kanye West und Shootings für das W Magazine bekannt wurde, geschossen. Abgebildet ist neben einem mit Bienen bedeckten Mann und einer im Gewächshaus sitzenden Frau auch eine Krebspatientin, die ihre Mastektomie-Narben entblößt. Das Sujet zeigt die Frau dabei, wie sie sich die OP-Narbe tätowieren lässt.

Bei dem Testimonial handelt es sich um Samantha Paige, eine 41-jährige Frau, die den Schilddrüsenkrebs besiegt hat. Nach der erfolgreichen Behandlung wurde bei ihr eine Mutation des BRCA2-Gens festgestellt. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, war damit stark erhöht. Paige entschied sich für eine doppelte Mastektomie.

Im Video zur Kampagne appelliert Paige an den Zuseher: "Narben sind nicht hässlich. Narben sind wirklich wunderschöne Kennzeichen, die uns daran erinnern, womit wir es aufnehmen sollten. Nicht nur mit unserem Gegner, sondern auch mit unserer eigenen Hingabe. Weil die Dinge, zu denen wir uns bekennen, sind auch die Dinge, die uns ausmachen. Und wenn die Dinge, die uns ausmachen, Spuren hinterlassen, dann weiß man, wie Hingabe aussieht."

Gegenüber People sagte sie zudem: "Die Botschaft der 'Commit To Something'-Kampagne von Equinox ist, dass man in den Spiegel blicken, sich anschauen und erkennen sollte, wer man ist und diesem Bild dann gerecht werden sollte." Diese Message stimme mit dem überein, woran sie glaube. Paige hofft laut eigenen Angaben, dass die Menschen von ihrer Selbstsicherheit und Selbstliebe berührt und inspiriert sind.

Kritik auf Instagram

Unterdessen haben sich zahlreiche Personen auf Instagram über das Werbebild und das dazugehörige Video beschwert. Equinox wird dort unter anderem Geschmacklosigkeit unterstellt.

Userin Megan Masters gab in den Kommentaren an, sich selbst einer Mastektomie unterzogen zu haben und sich von der Werbung beleidigt zu fühlen. "Equinox weiß nichts darüber, wie es sich anfühlt seine Brüste zu verlieren." Ihr Appell: "Bitte denkt darüber nach, welche Botschaft das an eure Mitglieder sendet und bleibt bei dem, was ihr wisst."

Masters sprach auch im Interview mit mic.com über ihr Schicksal und darüber, dass auch sie sich, ähnlich wie Paige, einer präventiven Mastektomie unterzogen habe. Bei ihr war das BRCA2-Gen mutiert, was wiederum das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, erhöhte. Sie sei aufgrund ihrer Geschichte mit Bildern von Mastektomie-Narben vertraut. Problematisch sei jedoch, derartige Bilder rein zu Werbezwecken zu verwenden. Hinzu komme, dass der finanzielle Gewinn, der durch die Kampagne und die Darstellung einer Krebspatientin generiert werde, nicht den eigentlichen Opfern zugute komme.

Wie mic.com berichtet, unterstützt Equinox die Organisation Cycle for Survival, die sich dem Kampf gegen besonders seltene Krebsarten widmet. Nicht genug, wie Masters betont. Mit diesem Spenden helfe man nicht den tausenden Krebsopfern, die nicht an seltenen Formen der Erkrankung leiden. Stattdessen wünsche sie sich, dass Geld in ein System zur Identifizierung und Betreuung von Frauen fließe, die wegen ererbter Mutationen in den Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2 ein hohes Risiko für ein Mammakarzinom und/oder Eierstockkrebs haben.

Elizabeth Nolan, Leitende Kreativdirektorin bei Equinox, stellte in einem Statement gegenüber mic.com klar, dass man mit den Bildern keine allgemein gültigen Aussagen über Krebs, Brustkrebs oder Mastektomie-OPs treffen wolle. Man würde lediglich die Hingabe einer Frau dokumentieren, "die eine Reise zu sich selbst hinter sich hat, die auch die Entfernung ihrer Brüste inkludierte".

Vererbte Mutationen als Brustkrebsrisiko

Vererbte Mutationen sind für einen nicht unwesentlichen Teil der Brustkrebserkrankungen verantwortlich. Etwa zehn Prozent der Mammakarzinomfälle treten familiär gehäuft auf. Daran "schuld" sind Mutationen im BRCA1- bzw. im BRCA2-Gen. Das betrifft in Österreich etwa 25.000 Frauen. Laut internationaler Studien haben Frauen mit einer solchen Mutation ein Lebenszeitrisiko von über 85 Prozent an Brustkrebs zu erkranken, bei Nicht-Trägerinnen solcher Mutationen liegt dieses Risiko bei zwölf Prozent. Bei Vorliegen solcher Erbanlagen kommt es auch zu einer starken Erhöhung des Eierstockkrebs-Risikos. Entschließt sich eine Frau zur Entfernung von Brüsten und Eierstöcken, reduziert sich das Erkrankungsrisiko dramatisch.

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