Jolies Krebsrisiko verursacht Millionenkosten

2013 ging Jolie mit der Nachricht über ihre Mastektomie an die Öffentlichkeit.
Vor dreieinhalb Jahren ging Angelina Jolie nach ihrer doppelten Mastektomie mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit. Ihre Offenheit sollte das Gesundheitsbewusstsein US-amerikanischer Frauen nachhaltig verändern.

Anfang 2013 ließ sich Schauspielerin Angelina Jolie

beide Brüste entfernen

. Die Öffentlichkeit informierte sie in einem offenen Brief in der New York Times darüber. Die gesamte Behandlungsdauer habe drei Monate gedauert und sei am 27. April beendet worden, schrieb die damals 37-jährige Mutter von drei leiblichen und drei adoptierten Kindern.

Bei Angelina Jolie, deren Mutter nach fast zehnjähriger Krankheit im Alter von 56 Jahren an Krebs gestorben war, mutierte das BRCA1-Gen, was, wie die Schauspielerin erläuterte, in ihrem Fall das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, auf 87 Prozent erhöhte. Darüber hinaus lag dadurch die Wahrscheinlichkeit an Eierstockkrebs zu erkranken bei 50 Prozent. Sie habe beschlossen, dieses Risiko so weit wie möglich zu reduzieren und sich für eine beidseitige Brustamputation entschieden. 2015 entschied sich Jolie auch für eine

Entfernung der Eierstöcke und des Eileiters

, nachdem bei einem routinemäßigen Bluttest erhöhte Entzündungswerte festgestellt worden waren.

Binnen kürzester Zeit rückte Jolie die Diskussion rund um ein erhöhtes Brustkrebsrisiko durch genetische Faktoren ins Rampenlicht. Nun hat eine Studie der Harvard University den Effekt von Jolies Bekenntnis auf das US-Gesundheitssystem in Zahlen gegossen. Dafür analysierten die Forscher die Versicherungsdaten von über zehn Millionen Frauen nach Jolies Artikel, der im Mai 2013 veröffentlicht wurde. Das berichtet unter anderem das Online-Portal Vox.com in einem ausführlichen Artikel.

65 Prozent mehr Tests

Man fand heraus, dass die Zahl der Früherkennungstests für das BRCA1-Gen in den zwei Wochen nach der Publikation des Kommentars um ganze 65 Prozent anstieg. Die Zahl der Mastektomie-Operationen blieb hingegen konstant. Die Wissenschafter hatten angenommen, dass eine erhöhte Zahl an Diagnosen des mutierten BRCA1-Gens auch in mehr Operationen resultieren würde, wie Sunita Desai, eine der Co-Autorinnen der Studie, im Forschungsbericht erklärt.

"Die andere mögliche Erklärung wäre, dass der Leitartikel für einen Anstieg der Diagnosen der BRCA1-Genmutation verantwortlich war, die betroffenen Frauen aber aus unbekannten Gründen nicht bereit waren, sich einer Mastektomie zu unterziehen", so Desai. Dies sei jedoch unwahrscheinlich, da Jolies offene und ehrliche Beschreibung ihres Schicksals eher zu einer positiveren Wahrnehmung der Operationen und Enttabuisierung geführt hätte – und nicht zu einem verstärkten Vermeidungsverhalten.

25.000 Österreicherinnen betroffen

Angelina Jolie ist kein Einzelfall. Vererbte Mutationen sind für einen nicht unwesentlichen Teil der Brustkrebserkrankungen verantwortlich. Etwa zehn Prozent der Mammakarzinomfälle treten familiär gehäuft auf. Daran "schuld" sind Mutationen im BRCA1- bzw. im BRCA2-Gen. Das betrifft in Österreich etwa 25.000 Frauen. Laut internationaler Studien haben Frauen mit einer solchen Mutation ein Lebenszeitrisiko von über 85 Prozent an Brustkrebs zu erkranken, bei Nicht-Trägerinnen solcher Mutationen liegt dieses Risiko bei zwölf Prozent. Bei Vorliegen solcher Erbanlagen kommt es auch zu einer starken Erhöhung des Eierstockkrebs-Risikos. Entschließt sich eine Frau zur Entfernung von Brüsten und Eierstöcken, reduziert sich das Erkrankungsrisiko dramatisch.

Der Jolie-Effekt

In der veröffentlichten Metastudie gehen die Forscher dennoch davon aus, dass ein Großteil der durchgeführten Tests nicht notwendig gewesen und den Staat finanziell unnötig belastet hätte. In etwa 3.000 Dollar kostet das Testverfahren in den USA. Die Wissenschafter stellen in ihrer Studie eine Schätzung der verursachten Kosten in Höhe von 14 Millionen Dollar an – und das nur in den ersten zwei Wochen nach dem Bekanntwerden von Jolies Schicksal.

Danach sei der Jolie-Effekt, wie der

durch die Prominenz der Schauspielerin verursache Effekt

genannt wird, keineswegs abgeflacht. Die durchschnittliche monatliche Anzahl der Tests stieg von Mai bis Dezember von 16 Tests auf 21 Tests pro 100 Frauen an.

In dem Forschungsbericht schließt man mit Blick auf die Ergebnisse daher auf einen Fall von Übervorsichtigkeit, ausgelöst durch einen prominenten Schicksalsbericht. "Derartige Stellungnahmen von Prominenten können ein breites Publikum erreichen, aber nicht immer die Bevölkerungsgruppe, die am meisten von ihnen profitiert", heißt es.

Eine Veränderung des Gesundheitsbewusstseins einer ganzen Bevölkerung durch Prominente ist übrigens nicht gänzlich neu. Auch Kylie Minogues Krebserkrankung im Jahr 2005 führte zu einem Anstieg der Mammografieraten in den USA. Nachdem Charlie Sheen 2016

bekannt gab HIV-positiv zu sein

, schossen die Googlesuchanfragen zum Thema HIV auf ein Rekordhoch. Auch Jolies Mastektomie resultierte in verstärkten Suchanfragen über die präventive Wirkung derartiger OPs und die genetischen Einflussfaktoren bei Brust- und Eierstockkrebs.

Jolie-Effekt auch in Österreich spürbar

Die erblichen Veranlagung der Schauspielerin schürte 2013 auch in Österreich bei vielen Frauen Ängste. Bei der österreichweiten Hotline der Genetischen Beratung bei Erblichem Brust- und Eierstockkrebs der Universitätsklinik für Frauenheilkunde im AKH Wien

verfünffachten sich damals die Anfragen

. Gab es früher zwei telefonische Anfragen pro Tag, stieg die Zahl nach den Berichten über Jolies Entscheidung auf zehn pro Tag an.

Österreich bei Betreuung führend

2012 wurde in Österreich ein flächendeckendes kostenloses Betreuungssystem etabliert. Radiologen und Gynäkologen haben mit Unterstützung von Bund, Bundesländern und Krankenversicherung ein System zur Identifizierung und Betreuung vor allem von Frauen geschaffen, die wegen ererbter Mutationen in den Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2 ein hohes Risiko für ein Mammakarzinom und/oder Eierstockkrebs haben. Österreich ist damit in dieser Sache international führend.

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