Wer hat Angst vorm Krampus?

Wer hat Angst vorm Krampus?
Für Erwachsene, die sich rund um den 5. Dezember nicht außer Haus trauen, haben die Anifer Krampusse ein Angstbewältigungs-Seminar veranstaltet.

Schon wenn ich die Kuhglocken von weitem höre, fährt es mir durch Mark und Bein." Eine von rund 30 Teilnehmerinnen des "1. Krampus-Angst-Seminars" am Montagabend in Anif bei Salzburg schilderte ihre liebe Not mit dem furchterregenden Brauchtum. Im Laufe des Workshops bekam sie ihre Angst so weit in den Griff, dass sie tapfer über das zottelige Fell eines teuflischen Gesellen strich. Zu dieser "Konfrontation" hatte ihr Psychotherapeutin Andrea Hammerer geraten. Zum Schluss glich das Szenario im Seminarraum des Hotels Friesacher einem Streichelzoo.

Erstmals haben die Anifer Krampusse ein Angstbewältigungs-Seminar veranstaltet. "Wir wollen das wunderschöne Brauchtum näher bringen und Ängste mindern", erklärte Obmann Markus Friesacher. Die Leute sollten sich zwar vor dem bösen Widerpart des Nikolaus ein bisschen fürchten, "aber es darf ihnen nichts passieren". Sein Bruder Michael, Besitzer des Hotels, gründete vor 36 Jahren die Krampusgruppe. Zu einer Zeit, als finstere Gestalten in Gummimasken und mit Autositzbezügen behangen unorganisiert und teils betrunken durch die Stadt Salzburg gezogen seien "und die Leute hauten", schilderte der Obmann. Damals habe Gemeinderat Herbert Fartacek die Krampusläufe wegen der vielen Exzesse sogar verbieten wollen.

Verhaltenskodex

Die Anifer Krampusse schlüpften in eine Vorreiterrolle. Die Mitglieder müssen strenge Verhaltensregeln befolgen. Alkohol und das Schlagen von Zusehern sind tabu. "Krampus" Peter Seifert: "Wenn sich wer fürchtet, nehme ich eine untertänige Haltung an."

Mittlerweile gibt es mehr als 100 Krampusgruppen, sogenannte Passen, im Land Salzburg. "Vor zehn Jahren arbeiteten wir mit dem Volkskultur-Referat Richtlinien aus, wie ein Krampuslauf brauchtumgemäß ausgeübt wird", erzählte Friesacher. "Die Disziplin hat sich in den letzten Jahren verbessert. Es gibt aber immer noch welche, die pfeifen auf die Regeln." Deshalb legte er den Zuhörerinnen ans Herz, sich nur "ordentlich organisierte" Läufe anzusehen. Die Perchten sind mit Ordnungsnummern versehen. Wer negativ auffällt, wird gemeldet. Ordner überwachen den Spuk. Ruten, die Schlagstöcken gleichen, sind verboten. Absperrungen schützen die Zuseher vor ungewollten Berührungen.

Doch was hilft der bestorganisierte Lauf, wenn nicht alle die Auflagen befolgen. Oder wenn die Angst so tief sitzt, dass man sich um den 5. Dezember nicht aus dem Haus traut, obwohl man noch nie von einem Krampus geschlagen wurde. "Vermeidungsverhalten ist der Beginn einer Angststörung", weiß die Psychologin. Wer versuche, durch Fluchtverhalten gegenzusteuern, erhöhe nur die Erwartungsangst. Hammerer rät, sich der Situation zu stellen, einen Krampuslauf anzusehen und dabei vor Augen zu führen: "Die Krampusse werden nicht gerade alle mich suchen. Und das Glockengeläut bedeutet nicht Lebensgefahr, das ist Blödsinn."

Krampusse zum Anfassen

Um die Konfrontation in die Tat umzusetzen, ließ die Psychologin nach einer halben Stunde Theorie-Unterricht vier Krampusse zuerst mit den Masken in Händen aufmarschieren. Ohne Glocken, aber mit Rute. Einige Sekunden herrschte Stille. Eine junge Frau raffte sich auf und berührte eine Maske. Das Eis war gebrochen. Die durchwegs 20- bis 30-jährigen Teilnehmerinnen entspannten sich. Sie setzten sich die erschreckenden Larven der freundlichen Burschen auf, ließen sich zum Small-talk hinreißen und mit den Maskierten fotografieren. Resümee: Im Krampus steckt ja doch nur ein Mensch. Allerdings wären Seminare für Krampusse zum Erlernen von richtigem Verhalten ebenfalls wünschenswert, meinte Hammerer.

Während des Workshops spitzte sich nur einmal die Situation zu. Einige Frauen fühlten sich von den Kameras der Medienvertreter gestört. Die Angst, von Fernsehzusehern erkannt und ausgelacht zu werden, war offenbar größer als die vor den Krampussen. Die Kameraleute, nicht die finsteren Gesellen, wurden zur Tür hinausgebeten.

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