Als Weihnachten noch lustig war

Hochgerechnet auf die heimische Bevölkerung – Touristen nicht mit eingerechnet - ergeben sich daraus Einnahmen auf Österreichs Weihnachtsmärkten in Höhe von rund 438 Millionen Euro, so die Umfrage.
Statt stille Einkehr zu halten, feierten die Österreicher ausgelassen das Ende der Fastenzeit

Im alten Österreich war Weihnachten angefüllt mit mysteriösen Feiern und Bräuchen. Die Sitte, Weihnachten als andächtiges Familienfest mit Bescherung und flimmerndem Tannenbaum zu begehen, wurde erst ab 1860 allgemein üblich. Belegt ist, dass Erzherzog Johann die damals neue Mode „unerträglich hell“ fand. Konsumkritisch merkte er an, dass die Geschenke für die Kinder ein Vermögen gekostet hätten, ein „Kripperl“ hätte es auch getan. Eine Sonderausstellung des Volkskundemuseums entreißt diese ursprüngliche Form von Weihnachten dem Vergessen („Weihnachten – Noch Fragen?).

Bis zur Biedermeier-Zeit war Weihnachten ein öffentliches Fest. Am Ende einer langen Fastenzeit, in der aber Kakao und Bier erlaubt waren, war das nur allzu verständlich. In den Stunden vor der Christmette ging man nicht in sich, sondern aus, „Sabbathindel“(siehe rechts)wurde das genannt. Das Kleine Frauenblatt schreibt in einem Artikel vom 24. Dezember 1935 („Weihnachtsbräuche im alten Wien“): Die Angeheiterten torkelten nur so auf den Gassen herum. Alle Wirtshäuser waren überfüllt. Die Bratlgeiger spielten darin auf, dass es eine Art hatte. Begleiteten die Herrschaften, die was springen ließen, geigend durch die Gassen bis zur Kirche, zur Weihnachtsmette.

In der dunklen Zeit um die Thomasnacht (20./21.12.) saßen die Menschen in schlecht beleuchteten Räumen, ohne Fernseher. Die Zeit vertrieb man sich mit Orakelspielen, „Lösselspiele“ genannt, mit denen man einen Blick in die Zukunft riskierte. Bis heute erhalten hat sich der regionale Brauch des Schlapfenwerfens. Unverheiratete Frauen werfen Patschen mit dem Fuß hinter sich. Zeigt die Schuhspitze zur Tür heißt das für die junge Dame, es wird ernst. Früher wurde auch auf Geräusche „gelost“ (gehört), Wachs und Blei gegossen oder man ließ Nussschalen schwimmen. Die Schriftstellerin Karoline Pichler überlieferte: „Man rief in die Brunnen hinab und erwartete von dort Antwort; man trat auf die Bettlade und sprach: Bett­lade, ich tritt dich, / Heiliger Thomas, ich bitt’ dich, lass mir erscheinen / den Herzgeliebten meinen“.

War es früher schöner?

Als Weihnachten noch lustig war
Und mit November nimmt die weihnachtliche Vorfreude in Form von Christkindlmärkten vielerorts feste Gestalt an.
Weihnachten war weniger kommerziell, aber immerhin boten Wiener Lebzelter und Zuckerbäcker bereits 1600 ihre Waren auf den Thomasmärkten feil. Arme Österreicher gingen mit ihren Kindern an den drei Donnerstagen vor Weihnachten „anklöpfeln“, um milde Gaben zu erbitten. Was wurde gesungen? Mit den anfangs rein lateinischen Hymnen konnten die wenigsten Kirchgänger etwas anfangen. Das erste deutsche Lied stammt aus dem 11. Jahrhundert („Sei uns willkommen, Herre Christ“). Waren die Kinder braver? Möglich, aber vielleicht nur, weil sie Angst hatten, dass sie der „Thomasniglo“ mitnimmt. Dieser Kinderschreck zieht noch heute im Gesäuse umher. Die Angst vor der Hölle und ihren Abgesandten ist übrigens begründet: Im Fegefeuer hat es 455 C, das haben spanische Physiker anhand von Bibelstellen ermittelt.

Lesseln
Das Wort „losen“ bedeutet „auf Zeichen hören, horchen“. Bei den „Lessel- oder Lössel-Spielen“ ging es ursprünglich wohl ums Hinhören auf vermeintliche Vorzeichen. Man zog ins Freie und „loste“ auf Geräusche, die es zu deuten galt. Hörte man als Erstes ein Singen oder Jauchzen, bedeutete das Hochzeit, das Geräusch einer Säge einen bevorstehenden Todesfall.

Sabbat(h)indel
Der 24. Dezember hatte früher nichts mit glänzenden Kinderaugen und flimmernden Bäumen zu tun, sondern war zur Vorbereitung für den Christtag gedacht, es wurde streng gefastet und nur eine Mahlzeit am Abend eingenommen. Doch anschließend versammelten sich die Freunde des Hauses zum „Sabbathindl“. Der Wiener Heimatforscher Gustav Gugitz leitet das Wort vom italienischen „sabbatino“ ab, was soviel wie Abendunterhaltung bedeutet. Der Germanist Franz Patocka präzisiert: „Nach der Rückkehr von der Christmette Schmaus halten“. Das Wort war nicht nur in Wien üblich, es ist auch aus dem Steirischen bekannt.

Weihnachten
Erste schriftliche Belege für „Weihnachten“ stammen aus dem 12. Jahrhundert und sind in der mittelhochdeutschen Liederhandschrift des Spruchdichters Spervogel und in der Predigtsammlung „Speculum ecclesiae“ erhalten geblieben – ze wīhen nahten „in den heiligen Nächten“. Gemeint war damit das schon von den Germanen begangene Mittwinterfest (am 21. Dezember).

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