Herz, Hirn und Lunge der Argentinier
Fast genau auf den Tag vor 200 Jahren wurde Argentiniens Unabhängigkeit proklamiert. In Buenos Aires hat man die breiteste Straße der Welt (160 Meter, 16 Fahrspuren) danach benannt – "Avenida 9 de Julio". Der 9. Juli soll heute in Argentinien nicht der einzige Grund zum Feiern sein. Wenn erstmals seit 1990 die Nationalmannschaft wieder in einem WM-Finale steht, dann steht auch das Land Kopf.
Ein wichtiger Mann auf dem bisherigen Weg war neben Lionel Messi und Angel die Maria auch Javier Mascherano. Der wird daheim "el jefecito" genannt – der kleine Chef. Der Barcelona-Kollege von Messi organisiert das Spiel der Argentinier, im der Gruppenphase hat kein anderer so viele Pässe wie er gespielt. Und im Team hat sicherlich keiner so viele Lücken geschlossen wie er.
Kleiner Mascherano
Mascherano bekam unlängst von Barcelona seinen bis 2016 laufenden Vertrag um zwei Jahre verlängert. Wenn Xavi den Klub tatsächlich verlässt, dann ist ein Platz im zentralen Mittelfeld frei. Denn mitunter wurde Mascherano in den letzten Jahren als Innenverteidiger eingesetzt. Und das mit nur 1,71 Meter Körpergröße. Doch mit brillanter Technik, großartigem Spielverständnis und tollem Stellungsspiel macht er die Höhendifferenz locker wett.
Javier Mascherano dürfte kein großer Fan der Deutschen sein. 2006 und 2010 stand der heute 30-Jährige schon auf WM-Aufgebot von Argentinien. Und jedes Mal war im Viertelfinale Schluss, jedes Mal gegen Deutschland.
Statistikvergleich
Diesmal können die Argentinier frühestens im Finale auf Deutschland treffen. Doch das ist nicht unbedingt der Grund dafür, dass Argentinien erstmals seit 24 Jahren das Semifinale erreicht hat.
2010 in Südafrika saß Diego Maradona auf der Trainerbank. Argentinien, das sei Mascherano und zehn weitere Spieler, sagte der Teamchef damals. Doch die Wahrheit auf dem Platz schaute ganz anders aus. Joachim Löw, Chef der siegreichen Deutschen, wunderte sich über das Spiel der Argentinier, sprach nach dem 4:0 von einer zweigeteilten Mannschaften. Da war die Abwehr, da war der Sturm – und dazwischen rieb sich Mascherano auf.
Auch in Brasilien ist Mascherano wieder die Lunge der Nationalmannschaft. Durch die Taktik von Teamchef Sabella wurde er auch zum Hirn. Lionel Messi ist das Herz der Mannschaft, der mit einem Schuss, mit einem Antritt ein Spiel im Alleingang entscheiden kann.
Enzo Perez statt Angel di Maria
Argentiniens Trainer Alejandro Sabella plant im WM-Halbfinale gegen die Niederlande mit Enzo Perez von Benfica Lissabon als Ersatz für den verletzten Real-Madrid-Star Angel di Maria. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich Enzo Perez bringe. Dann könnten wir so spielen wie gegen Belgien nach dem Ausfall von Angel", bestätigte Sabella bei der Abschlusspressekonferenz am Dienstag.
Champions-League-Sieger Di Maria hatte sich beim 1:0-Viertelfinalsieg gegen Belgien eine Oberschenkel-Verletzung zugezogen. "Er ist ein sehr wichtiger Spieler für uns. Jeder weiß, wie viel er diesem Team geben kann und wie gut sein Zusammenspiel mit Lionel Messi ist. Aber Enzo Perez ist zum besten Spieler der portugiesischen Liga gewählt worden. Er hat Dynamik und ist sehr stark am Ball", erklärte der Coach.
Je nach Spielverlauf stellte der 59-Jährige auch ein Comeback von Stürmer Sergio Aguero in Aussicht, der die vergangenen beiden Spiele ebenfalls aufgrund einer muskulären Verletzung verpasst hatte. "Er hat wieder etwas mehr trainiert mit dem Ball. Wie weit er ist, werden wir sehen. Aber wenn wir ihn wirklich brauchen sollten, dann ist er bereit", meinte Sabella.
Der fulminante 7:1-Halbfinalsieg Deutschlands gegen Gastgeber Brasilien erstaunte auch den möglichen Endspielgegner Argentinien. "7:1 ist ein enormes Ergebnis zwischen zwei Mächten im Weltfußball, das passiert selten, das ist kein normales Ergebnis", sagte Sabella, der die Faszination Fußball genau in solchen Spielen sieht: "Fußball ist der unlogischste Sport von allen. Das macht ihn so schön."
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