Kampfschwein Wilmots eint ein gespaltenes Land

Marc Wilmots durchlebt die Höhen und Tiefen des Teamchef-Daseins.
Der 45-Jährige führte das Land der zerstrittenen Flamen und Wallonen nach zwölf Jahren Pause wieder zu einer WM.

Einen Spitznamen kann man sich nicht aussuchen, den bekommt man verpasst. Die Mitspieler auf Schalke haben Marc Wilmots einfach "Willi" genannt. Die Fans in Gelsenkirchen riefen ihn "Willi, das Kampfschwein". Und das war als Lob gemeint für den Belgier, der mit so viel Herz und Leidenschaft spielte, der so ehrgeizig war.

Wilmots spielte von 1996 bis 2000 auf Schalke, nach einem Jahr in Bordeaux dann noch bis 2003. 1997 gewann Schalke den UEFA-Cup, beim Elfmeterschießen im Finale gegen Inter Mailand verwandelte Wilmots den entscheidenden Elfmeter.

"Stier von Dongelberg" wurde der bullige Angreifer in Belgien genannt, ehe er 1996 nach Deutschland kam. Wilmots wurde vor 45 Jahren dort geboren, im wallonischen Teil Belgiens. Von 2003 bis 2005 saß er für die liberale Partei Mouvement Réformateur (MR) im belgischen Senat. Wilmots ist ein geradliniger Typ, setzt im Team aber auch seine diplomatischen Fähigkeiten ein. Er hat aus einem zerstrittenen Haufen eine kompakte Truppe geformt. Die Nationalmannschaft wirkt wie ein Gegenpol zur zerstrittenen Nation. Wilmots: "Ich hätte nie gedacht, dass wir irgendwann gemeinsam die Nationalhymne singen, aber wir tun es. Die Politiker trennen, wir vereinen."

Zwölf Jahre Abstinenz

Wilmots stand 1990 im WM-Kader der Belgier, kam aber nicht zum Einsatz. Im Gegensatz zu den nächsten drei Turnieren. Vier Jahre später erreichten die Belgier in den USA das Achtelfinale. 1998 kam das Aus in der Vorrunde. 2002 kamen die Belgier wieder ins Achtelfinale. Wilmots beendete danach seine Teamkarriere. Und der belgische Fußball fiel in ein Loch. Erst 2014 tauchten die "Roten Teufel" wieder bei einem Großereignis auf.

Vor zehn Jahren hatte der Verband Standards entwickelt, wie die jungen Spieler besser ausgebildet werden können. Was die meisten Klubs auch befolgten. In den Nachwuchs-Auswahlen wurde ein 4-3-3-System mit Hochgeschwindigkeitsfußball gespielt. In der Folge erreichte Belgien sowohl bei der U-17- und U-21-EM 2007 einen Platz unter den ersten vier und zog mit seiner U-23-Auswahl 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking ins Halbfinale ein.

Mit Kompany, Fellaini, Pocognoli, Vermaelen, Vertonghen, Mirallas, Mertens und Dembele war ein Großteil der Leistungsträger des heutigen Teams in Peking dabei. "Wir haben sehr lange zusammengespielt. Viele von uns sind nach Peking gefahren, haben zusammen im olympischen Dorf gelebt, als wir 18, 19, 20 oder 21 waren. Deshalb kennen wir uns untereinander sehr gut", betont Mittelfeldstar Fellaini.

Und wo war Wilmots? Der beendet im März 2003 seine Karriere, übernahm nach der Entlassung von Frank Neubarth das Traineramt bei Schalke. Ende der Saison wurde er von Jupp Heynckes abgelöst. 2005 endete ein Kurzgastspiel bei St. Truiden, Erst 2009 kehrte er als Assistent von Teamchef Dick Advocaat auf die Bank zurück. Nachdem dessen Nachfolger Georges Leekens im Mai 2012 zurückgetreten war, übernahm Wilmots erst interimsmäßig, wurde danach Cheftrainer, qualifizierte sich für die WM, und bekam seinen Vertrag bis 2018 verlängert.

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